374 Achter Abschnitt: Das Heerwesen. 8 143.
Unterhalt der auf seinem Gebiete belegenen festen Plätze und sonstigen Fortifikationen ein-
begriffen, ausschließlich und allein trägt.“
Des weiteren wird sodann gesagt (a. a. O. Ziff. II): „Bayern verpflichtet sich, für
sein Kontingent und die zu demselben gehörigen Einrichtungen einen gleichen Geldbetrag
zu verwenden, wie nach Verhältnis der Kopfstärke durch den Militäretat des deutschen
Bundes für die übrigen Teile des Bundesheeres ausgesetzt wird."“
Nach dem Inhalte dieser beiden Stellen wäre die Deckung seines Heeresaufwandes
Sache Bayerns, das dagegen am gemeinschaftlichen Heeresaufwande der anderen Bundes-
staaten nicht Teil zu nehmen hätte. Allerdings aber müßte inhaltlich der zweiten Stelle
Bayern für sein Heer jährlich genau ebensoviel aufwenden, als für das Heer aufzuwenden
wäre, wenn es in der finanziellen Reichsgemeinschaft stände.
Den eben erörterten Sätzen stehen indessen andere gegenüber, welche sich damit wenig
im Einklange befinden.
Der Bündnisvertrag fährt an der oben angeführten zweiten Stelle sofort weiter:
„Dieser Geldbetrag wird im Bundesbudget für das königlich bayerische Kontingent
in Einer Summe ausgeworfen.“ Und er sagt (§ 6) ferner, was die Schlußbestimmung
zum Abschnitte XII der Reichsverfassung wiederholt, daß die Bestimmungen über die
Reichsfinanzen auf die Ausgaben für das bayerische Heer nach Maßgabe des Bündnis-
vertrages Anwendung finden, der Artikel 72 über die Rechnungslegung insoweit, „als dem
Bundesrate und dem Reichstage die Ueberweisung der für das bayerische Heer er-
forderlichen Summe an Bayern nachzuweisen ist“. In der gleichen Auffassung bewegt
sich folgende weitere Vereinbarung des Bündnisvertrages (a. a. O. § 5 Ziff. V):
„An den Kosten für den Bau und die Ausrüstung solcher Befestigungsanlagen (d. h.
neuer Befestigungen auf bayerischem Gehbiete) beteiligt sich Bayern in dem seiner Be-
völkerungszahl entsprechenden Verhältnisse gleichmäßig mit den anderen Staaten
des deutschen Bundes; ebenso an den für sonstige Festungsanlagen etwa seitens des Bundes
zu bewilligenden Extraordinarien“.
Diese zweite Gruppe von Bestimmungen läßt kaum eine andere Auslegung zu als
die, daß Bayern die Kosten seines Kriegswesens nicht ausschließlich und allein, sondern
daß es die Kosten des Kriegswesens mit den übrigen Bundesstaaten gemeinsam trägt.
Die Erklärung für diesen Widerspruch scheint darin zu liegen, daß die erste Gruppe
von Bestimmungen den tatsächlichen, die zweite Gruppe den rechtlichen Vorgang vor Augen
hat und daß der praktische Unterschied beider Betrachtungsweisen, um einen vom Reichs-
kanzler Fürsten Bismarck bei ähnlichem Anlasse gebrauchten Vergleich anzuwenden, nicht
erheblicher ist, als der Unterschied zwischen bonnet Planc und blanc bonnet. Bei der
ersten Anschauung verlassen die Millionen, die für das bayerische Heer bestimmt sind, die
bayerische Staatskasse erst, wenn sie für das Heer verausgabt werden; nach der zweiten
Anschaunng kommen sie — natürlich nur gedacht, nicht tatsächlich — aus der Staatskasse
in die Reichskasse und aus der Reichskasse wieder in die Staatskasse. Und zwar werden
sie — und das hebt einerseits den Unterschied beider Anschauungen praktisch auf und be-
gründet andererseits den Unterschied zwischen der bayerischen und der übrigen Kontingents-
verwaltung — in der bayerischen Staatskasse wieder zu bayerischem Gelde.
Man kann also den aufgezeigten Widerspruch wohl dadurch lösen, daß man annimmt,
die erste Gruppe von Bestimmungen wolle eigentlich weiter nichts ausdrücken, als daß
Bayern mit seinem Anteile des Heeresaufwandes auf eigene Rechnung wirtschaftet.
Diese Selbständigkeit ist übrigens eine beschränkte. Der Gesamtaufwand steht für
Bayern durch das Reichsbudget fest:). Seine Verausgabung wird zwar nach dem Bündnis-
1) Ueber die Unmöglichkeit, im Landtage gegen den Militäretat zu stimmen, Verh. d. K. d.
Abg. 1897/98 St. B. Bd. IX S. 480, 485.