§ 16. Das Verhältnis Bayerns zum Deutschen Reiche. 39
die Bestimmungen in Tit. III § 6 der Verfassungsurkunde Anwendung finden. Das Ver-
bot der Einführung neuer geemter bezieht sich nicht auf Aemter, welche im Vollzuge von
Gesetzen oder nach vorgängiger Einvernahme des Landtages zu errichten sind."
In formeller Beziehung ist für die Führung der Regentschaft folgendes
vorgeschrieben. Es muß zum Ausdrucke gebracht werden, daß der Regent im Namen des
Königs regiert. (Verf.-Urk. Tit. II § 15.) Der Regent muß ferner in allen wichtigen
Regierungsangelegenheiten das Gutachten des Regentschaftsrates erholen. Regentschaftsrat
ist das Gesamtstaatsministerium. (Verf.-Urk. Tit. 11 § 19.)
Was die persönliche Stellung des Regenten anlangt, so enthält die
Verfassungsurkunde keine Bestimmung, die ihn für unverantwortlich erklärt. Eine öffent-
lich rechtliche Verantwortung für Regentenhandlungen, abgesehen von der strafrechtlichen
Verantwortung, kann aber nach bayerischem Rechte jedenfalls nicht geltend gemacht werden 1).
Einen besonderen strafrechtlichen Schutz genießt er nach dem R.-St.-G.-B. (88 96, 97,
100, 101) nur dann, wenn er nicht dem königlichen Hanse angehört. Es gibt ferner kein
Verbrechen des Hochverrats gegen den Regenten.
Der Regent hat als solcher Anspruch auf Wohnung in der königlichen Residenz, auf
Unterhalt und auf eine Jahresrente von 200,000 fl. Unterhalt und Geldrente bezieht er
bei der ordentlichen Reichsverwesung aus der Zivilliste, bei der außerordentlichen Reichs-
verwesung aus der Staatskasse"). Ueber die Ehrenrechte des Regenten, wie Titel 2c. ent-
hält die Verfassung keine Bestimmung 3).
Die Regentschaft endet einerseits dann, wenn in oder gegenüber der Person
des Regenten Verhältnisse eintreten, wegen welcher er die Regentschaft nicht fortführen
kann, andererseits dann, wenn die Notwendigkeit der Regentschaft in Ansehung der Person
des Königs nicht mehr vorliegt (Verf.-Urk. Tit. II §§ 21, 22).
Bezüglich der Regierungsstellvertretung enthält die bayerische Verfas-
sungsurkunde keine Vorschriften und erwähnt dieselbe (Tit. II §§ 9, 11) nur gelegentlich,
indem sie sagt, daß außerordentliche Reichsverwesung lediglich dann eintritt, wenn der
König „für die Verwaltung des Reichs nicht selbst Vorsorge getroffen hat oder treffen
kann“. Uebrigens ist die allgemeine Befugnis des Königs zur Einsetzung einer Regierungs-
stellvertretung zweifellos und auch nie bezweifelt worden.
§ 16. Das Verhältuis Bayerus zum Deutschen Reiche. Die Zugehörigkeit Bayerns
zum deutschen Bunde dauerte bis zur Beendigung des letzteren infolge der kriegerischen
Ereignisse des Jahres 1866. In den Präliminarien von Nickolsburg und dem Prager
Friedensvertrage vom 26. Juli, bezw. 23. August 1866 wurde die Auflösung des Bundes
von seiten Oesterreichs anerkannt, die Anerkennung des von Preußen zu gründenden nord-
deutschen Bundes versprochen und das Einverständnis damit erklärt, daß die süddeutschen
Staaten einen besonderen Verein bilden sollten, dessen Verhältnis zum Nordbund durch
Verträge seine Regelung finden werde. Bayern erteilte im Friedensvertrage mit Preußen
vom 22. Angust 1866 den Bestimmungen der Nickolsburger Präliminarien, „soweit sie die
Zulunst Deutschlands betreffen“, auch seinerseits seine Zustimmung. Während die nord—
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1) H. Stölzle, die rechtliche Verantwortlichkeit des Regenten und Regierungsstellvertreters
nach deutschem Staatsrecht, Würzburg 1894 S. 29, erklärt übereinstimmend mit Graßmann
a. a. O. S. 527 den Regenten aus allgemeinen staalsrechtlichen Erwägungen für ebenso unverant-
wortlich wie den Monarchen.
2) Lerfllrl. Tit. 1I1 § 20, Ges. über die Zivilliste Art. VIlI. S. auch Ges. vom 30. Juni
1886 (G. . Bl. S. 330). Hiezu Verh. der K. der Abg. St. B. 1901 Bd. VI S. 749—754.
3) Die vom dermaligen Neichsverweser angewandte Titulatur ist: „Luitpold von Gottes
Gnaden Königlicher Prinz von Bayern, Regent“. Ueber diese Titulatur werden die Worte: „Im
Namen Seiner Majestät des Königs“ gesetzt. Die Unterschrift lautet: „Luitpold, des Königreichs
Bayern Leiweser“ Die Anrede an den Prinzregenten ist nach der Bekanntmachung vom 12. Juli
1886 (G.M. Bl. S. 397): „Allerdurchlauchtigster Prinz und Regent, Allergnädigster Regent und Herr“.