18. Die Staatsangehörigen. 13
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dern auch Handlungen zu unterlassen, „welche auf Beschädigung des Staates abzielen“
(Trenepflicht).
Die Sicherung des Gehorsams der Staatsangehörigen wird in einem eidlichen Ge-
löbnisse (Verf.-Urk. Tit. X § 3) und in strafrechtlichen Bestimmungen gesucht.
Die männlichen Staatsangehörigen sind beim Erwerbe der selbständigen Heimat in
einer Gemeinde verpflichtet, den Untertaneneid (Staatsbürgereid, Verfassungseid) zu leisten.
Ferner kann diese Eidesleistung bei der allgemeinen Landeshuldigung gefordert wer-
den, doch ist letztere, wie schon früher bemerkt, außer Uebung gekommen.
Eine Sicherung des Gehorsams der Untertanen liegt auch darin, daß die Leistung
des fraglichen Eides Voraussetzung für den Erwerb gewisser öffentlicher Rechte ist. Da-
durch wird für die männlichen Staatsangehörigen die Leistung des Verfassungseides zu
einem Rechte, dessen Bestand von nichts weiterem abhängig ist als von dem Besitze der
Eidesfähigkeit und dem Vorhandensein eines staatsrechtlichen Interesses an der Ableistung
des Eides.
Zur Abnahme des Eides sind in den Landesteilen rechts des Rheines die Magistrate
in Gemeinden mit Stadtverfassung und die Bezirksämter, in der Pfalz die Bürgermeister
zuständig, im Auslande die bayerischen Gesandtschaften und wohl auch die Gesandtschasten
und Konsulate des deutschen Reiches.
Streitigkeiten über die Berechtigung und Verpflichtung zur Leistung des Verfassungs-
eides werden im Verwaltungsrechtswege erledigt. (Ges. vom 8. August 1878 Art. 8
Ziff 2 und Art. 9).
Die Treuepflicht ist rechtlich nur als ein verneinender Begriff faßbar, nämlich als
die Verpflichtung, Angriffe auf das Staatswohl zu unterlassen. Die Verletzung der Treue-
pflicht hat strafrechtliche Folgen. Neben diesen strafrechtlichen Bestimmungen bestehen in-
dessen auch staatsrechtliche Vorschriften, welche den Zweck haben, Gefährdungen der Unter-
tanentreuc zu verhüten.
Den Staatsangehörigen ist es verboten, ohne ausdrückliche Genehmigung des Königs
Gehalte, Pensionen oder Ehrenzeichen eines fremden Staates anzunehmen :). Die Ver-
fassung bedroht die Zuwiderhandlung mit dem Verlust des „Staatsbürgerrechts“ „vorbe-
haltlich der verwirkten besonderen Strafen“2).
Unter gleicher Strafdrohung ist es ferner verboten, ohne Erlaubnis des Königs in
den Dienst eincs nichtdeutschen Staates einzutreten. Auch wenn die Genehmigung hiezu
erteilt ist, darf der Diensteid von dem bayerischen Staatsangehörigen nur unter dem Vor-
behalte geleistet werden, daß er niemals gegen sein Vaterland dienen werde. Der bayerische
Untertan muß ferner auf allgemeine und besondere Aufforderung hin den fremden Dienst
sofort verlassen, und er muß dies auch ohne Aufforderung tun, wenn der betreffende fremde
Staat in Kriegszustand gegen das Deutsche Reich und damit gegen Bayern tritt ?).
Die Verfassungsurkunde (Beil. I 8§ 7—10) unterscheidet von der Staatsangehörig-
keit das Staatsbürgerrecht als einen besonderen „politischen Stand“. Die Be-
deutung eines staatsrechtlichen Begriffes hat dasselbe nie gehabt. Es bezeichnete lediglich
das Vorhandensein einer Reihe von Tatsachen, woran die Gesetze eine Anzahl einzelner,
ziemlich verschiedenartiger Rechte knüpfte. Das Staatsbürgerrecht ist jetzt ohne jede tat-
sächliche Bedeutung ").
1) Verf.Urk. Tit. IV S§ 14 Abs. UI und Beil. 1 1! Ziff. 2
2) Nach der M.O. vom 12. Juli 1901 (G. V. Bl. 501) bedürfen bayerische Staatsau-
gehörige, die außerhalb des deutschen Neichs einen akabemischen Grad erwerben oder erworben
haben, zur Führung des damit verbundenen Titels besonderer ministerieller Genehmigung, ebenso
Nichtbayern, die in Bayern wohnen oder sich zu Erwerbszwecken aufhalten.
3) VerfeUrk. Beil. 1 §8 11.
4) Vgl. hierüber von Seydel, baner. Staatsrecht 1 S. 303 ff.