g 21. Die Fremden. 49
In eine Beziehung zum Staate, welche sowohl auf das bürgerliche als auf das
öffentliche Recht sich erstreckt, tritt der Fremde, wenn er dingliche Rechte innerhalb des
Staatsgebietes besitzt (Ausmärker, Forense) und wenn er vorübergehend oder bleibend seinen
Aufenthalt im Staate nimmt. Es hängt von dem Rechte jedes einzelnen Staates ab, ob
und unter welchen Voraussetzungen die Staatsgewalt das Entstehen einer solchen Beziehung
überhaupt zuläßt.
Das Recht, welches in Bayern gilt, gestattet den Fremden den Erwerb von Grund-
eigentum unbedingt 1). Dagegen hat der Fremde ein Recht des Aufenthaltes im Staate
nur, wenn er Reichsangehöriger 2), nicht wenn er Ausländer ist. Ausländern ist zwar regel-
mäßig der Aufenthalt im Königreiche gestattet, wenn sie sich über ihre Staatsangehörigkeit
genügend ausweisen und ihrem Aufenthalte ein sonstiges gesetzliches Hindernis nicht im
Wege steht 3). Allein abgesehen von allgemeinen Beschränkungen ihrer Aufenthaltsbefugnis
anf dem Wege der Wiedervergeltung") und von einer Reihe besonderer polizeilicher Aus-
weisungsgründe 51 kann „aus Rücksicht auf die öffentliche Wohlfahrt“ jedem einzelnen der
Eintritt in das Land versagt und kann die Ausweisung gegen ihn verfügt werden ö).
Der Mangel eines Aufenthaltsrechtes der Ausländer kommt darin zu einem bezeich-
nenden Ausdrucke, daß ihnen gegen die erwähnten Maßnahmen der Verwaltungsrechtsweg
nicht eröffnet ist)
Ist der Fremde in den räumlichen Machtbereich des Staates zugelassen, sei es, daß
er, wie der Deutsche, ein unbedingtes Recht darauf hat, sei es, daß er, wie der Ausländer,
im Staate geduldet wird, dann gelten bezüglich seiner Verhältnisse zum Staate folgende
leitende Grundsätze.
Er nimmt an der Gemeinschaft des bürgerlichen Rechtes Anteil, und zwar, wenn er
Reichsangehöriger ist, unbedingt, wenn er Ausländer ist, in der Regel. Beschränkungen
der Ausländer in bezug auf das bürgerliche Recht finden nur soweit statt, als sie aus-
drücklich ausgesprochen sind 5).
Für denjenigen Teil des bürgerlichen Rechts, der durch die Landesgesetzgebung ge-
orduct ist, gelten dabei nachstehende Vorschriften.
Abgesehen von einzelnen Ausnahmebestimmungen, welche die Gesetzgebung für Aus-
länder bleibend trifft, können vorübergehende Beschränkungen infolge der Gegenseitigkeit
eintreten.
Die Verfassungsurkunde (Beil. I 88 16—19) enthält hierüber ein doppeltes.
Sie stellt als Programm für die Gesetzgebung den Grundsatz der sachlichen Gegen-
seitigkeit auf. „Deu Fremden (Ausländern) wird in dem Königreiche die Ausübung der-
jenigen bürgerlichen Privatrechte zugestanden, die der Staat, zu welchem ein solcher Fremder
gehört, den königlichen Untertanen zugesteht.“ Sind Rechte, welche in Bayern Ausländern
gleich den Einheimischen zukommen, in dem fremden Staate bayerischen Staatsangehörigen
nicht in gleichem Maße eingeräumt, ohne daß jedoch damit eine Rechtsungleichheit gegenüber
den Einheimischen zu ungunsten der Bayern geschaffen wäre, so kann eine entsprechende
Rechtsbeschränkung der Angehörigen jenes fremden Staates in Bayern eintreten. Dieselbe
muß jedoch für den betreffenden Fall gesetzlich vorgesehen sein.
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1) Verf. Beil. 1 § 13 und Reichsverf. Art. 3 Abs. I. Art. 88 des Einf.G. zum B. G.B.
ist für Bayern gegenstandslos.
2) Reichsges. über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 § 1.
rr hsbern über Heimat, Verehelichung und Aufenthalt in der Fassung vom 30. Juli 1899
rt. A
4) A. a. O. Art. 44 Abs. III.
5) A. a. O. Art. 44 Abs. I und 39.
6) A. a. O. Art. 44 Abs. II.
7) Vgl. auch Entsch. d. V.G. H. Samml. Bd. 21 S. 27.
8) Vgl. uunmehr Art. 31 des Einf. G. zum B.G.B. (Vergellungerecht) und Art. 83.
Handbuch des Oeffentlichen Nechts 11, 4. Bapern. 3. Auflage. 4