64 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. III. Der Landtag. 8 26.
Einige Vorrechte kommen nur den Mitgliedern der einen oder der anderen
Kammer zu.
Die Reichsräte genießen gewisse Ehrenvorzüge. Sie haben insbesondere den Rang
der Staatsräte und eine besondere Unisorm, soferne ihnen nicht aus anderen Gründen eine
höhere Auszeichnung gebührt#).
Abgeordnete, welche Staatsdiener oder öffentliche Diener sind, haben zwar, wenn sie
behufs Teilnahme an den Landtagsverhandlungen den Dienst zeitweise verlassen wollen,
um Urlaub nachzusuchen, derselbe darf ihnen aber nicht verweigert werden.
Das Gleiche gilt für Offiziere und Militärbeamte mit der Maßgabe, daß der Ur-
laub versagt werden kann, wenn außerordentliche Verhältnisse ihrer Entfernung vom Dienste
entgegenstehen (Wahlgesetz Art. 30).
„Jeder nicht am Orte der Versammlung wohnende Abgeordnete erhält für deren
Dauer unter Einrechnung des vorausgehenden und nachfolgenden Tages“ ein Taggeld von
10 Mark (Wahlgesetz Art. 36 Abs. 11).
Die Abgeordneten haben während der Landtagsversammlung sowie während der
vorausgehenden und nachfolgenden acht Tage freie Fahrt nach den verordnungsmäßigen
Bestimmungen auf den Eisenbahnen, die in bayerischem Staatsbetriebe stehen. Diese freie
Fahrt kann im Wege der Vereinbarung mit den betreffenden Betriebsleitungen auch auf
andere Eisenbahnen erstreckt werden.
Die Abgeordneten erhalten ferner bei Beginn und bei Beendigung der Landtags-
versammlung für die Reise zwischen dem Wohn= und Versammlungsorte, soweit dabei nicht
die Eisenbahnfreikarte benutzt werden kann, als Reisekostenentschädigung 50 Pfennige für
den Kilometer (Wahlgesetz Art. 36 Abs. 1)?).
§ 26. Rechtliche Voraussetzungen der Tätigkeit des Landtags 3). Die Kammern
des Landtags können aus eigener Machtvollkommenheit ihre Tätigkeit weder beginnen noch
einstellen. Der Landtag wird durch königliche Ausschreibung einberufen, worin Ort und
Tag der Versammlung bestimmt wird.
Nach der Verfassungsurkunde ist der König hiebei insoferne gebunden, als die Ein-
berufung der Stände wenigstens alle drei Jahre zu erfolgen hat. Nunmehr ergibt sich
aus dem Gesetze vom 10. Juli 1865 regelmäßig die Notwendigkeit, den Landtag spätestens
drei Monate vor Beginn jeder zweijährigen Finanzperiode zu versammeln.
Die Eröffnung des Landtags erfolgt durch den König. Letzterer kann sie entweder
in eigener Person oder durch einen Bevollmächtigten vornehmen. Der Landtag wird an
demjenigen Tage, auf welchen er einberufen ist, eröffnet. Ort und Stunde der Eröffnung,
sowie die Formen, unter welchen dieselbe stattfindet, bestimmt der König. Die Eröffnung
ist die Voraussetzung für den Beginn der Tätigkeit des Landtags.
Eine Landtagsversammlung darf in der Regel nicht über zwei Monate dauern, doch
steht es dem Könige zu, den Landtag zu verlängern.
Die Schließung des Landtags geschieht in gleicher Weise wie dessen Eröffnung. Die
Tätigkeit der Kammern lwird dadurch in der Art beendet, daß alle unerledigten Geschäfte
abgebrochen werden und eine Fortsetzung derselben später nicht mehr stattfinden kann.
Die Auflösung des Landtags wirkt auf dessen Geschäfte gleich der Schließung und
hat zugleich für die Mitglieder der zweiten Kammer den Verlust ihrer Abgeordneteneigen-
schaft zur dolge.
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1) Vgl. die k. Entschließungen vom 30. Juni 1819 und vom 12. Mai 1813 (Weber l
S. 758, III S. 489).
2) Vgl. auch V. O. vom 1. September 1881 und 3. Juli 1902 (G.V. Bl. S. 1236, 229).
Reisegepäck bis zu 50 kgr frei.
3) Verf. Urk. VII 83 22, 23, 31, Geschäftsgangs-Ges. Art. 2, 3.