Full text: Staatsrecht des Königreichs Bayern.

8 30. Die Staatsminister und die Staatsministerien. 73 
dann einzuvernehmen, wenn zwischen Ministerien unausgleichbare Meinungsverschiedenheiten 
über die Zuständigkeit oder über die sachliche Erledigung gemeinsamer Geschäftsgegenstände 
sich ergeben. 
Der Staatsrat ist weiterhin zur Begutachtung zuständig bei Beschwerdevorstellungen 
an den König über amtliche Handlungen der Ministerien, wodurch angeblich Kränkungen 
des Eigentums oder der persönlichen Freiheit entstanden sind. Eine solche Beschwerde- 
führung soll übrigens ausgeschlossen sein, wo der Rechtsweg und, wie man beifügen darf, 
wo der Verwaltungsrechtsweg offen steht. Sie kann ebenso wenig da Platz greifen, wo 
ausnahmsweise noch ein Ministerium als oberste verwaltungsrechtliche Instanz entscheidet. 
Sie ist endlich nicht statthaft, wenn ein Ministerium innerhalb seines zuständigen Er- 
messens gehandelt hat, von einer Rechtsverletzung also nicht die Rede sein kann. Es 
bleiben hienach für die Anwendbarkeit der in Rede stehenden Vorschrift nur die, man 
darf wohl sagen undenkbaren Fälle übrig, wo ein Ministerium einen nackten Rechtsbruch 
begangen, etwa gar in die Rechtspflege der Gerichte oder Verwaltungsgerichte gewaltsam 
eingegriffen hätte. 
Der gutachtlichen Vernehmung des Staatsrates geht in solchen Fällen die Anhörung 
des Ministeriums voraus, gegen welches die Beschwerde sich richtet. 
Der Staatsrat ist ferner vor Verhängung des Belagerungsstandes durch den König 
zu hören 7). 
Außerdem wird die Rechenschaft über die Wohltätigkeitsanstalten für das Heer, 
welche dem Kriegeministerium obliegt, dem Könige im versammelten Staatsrate abgelegt?). 
Der König hat sich endlich vorbehalten, den Staatsrat auch außerhalb seiner regel- 
mäßigen Zuständigkeit über wichtigere Staatsangelegenheiten zu hören. 
Als entscheidende Stelle ist der Staatsrat in folgenden Fällen zuständig: 
1. bei Verfassungsbeschwerden des Landtags, 
2. bei Beschwerden der Staatsdiener gegen Disziplinarstrafverfügungen der Mi- 
nisterien 3), 
3.z bei Beschwerden der Rechtsanwälte gegen ministerielle Disziplinarstrafverfügungen 
in Verwaltungssachen!), 
4. in Gegenständen, welche nach pfälzischem Rechte der Entscheidung durch den Staats- 
rat unterliegen. 
Die Zuständigkeit des Staatsrats in pfälzischen Verwaltungssachen ist übrigens nur 
mehr eine unerhebliche 5). 
Der Staatsrat steht unter der Leitung des Königs. Letzterer oder sein Stellver- 
treter (event. der Vorsitzende im Ministerrate oder der älteste Staatsminister) führt den 
Vorsitz. 
8 30. Die Staatsminister und die Staatsministerien #). Die Bestimmungen, welche 
die Verfassungsurkunde (Tit. X §§ 4, 6) über die staatsrechtliche Stellung der Minister 
enthielt, waren ziemlich unvollkommene. Eine Regelung dieser Stellung, die den Anfor- 
derungen des Verfassungsstaats entspricht, ist erst durch das Gesetz über die Verantwort- 
lichkeit der Minister vom 4. Juni 1848 (G.-Bl. S. 69) erfolgt, das seine Ergänzung durch 
das Gesetz vom 30. März 1850, betr. den Staatsgerichtshof und das Verfahren bei An- 
1) St. G. B. von 1813 Teil II Art. 441 ff. 
2) V. O., die Formation der Ministerien betr., vom 9. Dezember 1825 (R.Bl. S. 977), 
§ 110 Absf. 1. 
3) Verf. Beil. IX § 15. 
4) V. O. vom 21. März 1816 (R.Bl. S. 153) Ziff. II Nr. 3. 
5) Vgl. v. Seydel, Staatsrecht I S. 500 ff. 
Minist v. Seydel a. a. O. 1 S. 504 ff., 599 (Theorien über die staatsrechtliche Stellung der 
inister).
	        
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