Full text: Staatsrecht des Königreichs Bayern.

8 30. Die Staatsminister und die Staatsministerien. 79 
schiffahrt, Ludwigskanal), die oberste Aussicht über die Privat-Eisenbahn= und Dampf- 
schiffahrtsunternehmungen 1). Als Zentralstellen für diese Aufgaben sind ihm die General- 
direktion der Staats-Eisenbahnen und die Generaldirektion der Posten= und Telegraphen 
untergeordnet. 
II. Dem Staatsministerium der Iunstiz überweist die Formationsver- 
ordnung 2) „die oberste Leitung des ganzen Justizwesens in peinlichen und bürgerlichen 
Gegenständen, sowohl der streitigen als unstreitigen Gerichtsbarkeit, die Aufsicht und 
Handhabung der in dieser Beziehung erlassenen Gesetze und der Rechtsverfassung“, die 
oberste Aufsicht über die Geschäftsführung der Instizorgane und über die „Attribnte 
der Rechtspflege“, die Verhältnisse der Rechtsanwaltschaft und des Notariates. In den 
Wirkungsbereich des Instizministeriums fällt ferner die bürgerliche und Strafgesetzge- 
bung und die Gesetzgebung über die Verfassung und das Verfahren der Gerichte. Die 
Zuständigkeiten des Justizministeriums hinsichtlich der standesherrlichen Vormundschaften 
und der Familienfideikommisse bemessen sich nach der Verfassungsurkunde Beil. IV § 10 
und Beil. VII. 
Dem Justizministerium obliegen endlich die Aufsicht über die Amtsführung der Stan- 
desbeamten in der Pfalz 5), die Antragstellung an den König über Begnadigungen") und 
Strafnachlässe in strafrechtlichen Sachen, über Rehabilitationen, über Volljährigkeits= und 
Ehelichkeitserklärungen, Namensänderungen, Legitimationen und Adoptionen, endlich über 
alle Dispensationen, die nach den bürgerlichen Gesetzen dem Könige vorbehalten sind, ins- 
besondere Dispensationen in Ehesachen?#). 
III. Das Staatsministerium des Innerrn vereinigt in seiner Zuständig- 
keit die Hauptmasse der Verwaltungsangelegenheiten. 
In seinen Geschäftskreis gehören 
„alle Gegenstände des inneren Staatsrechtes und der Landeshoheit“", soweit sie 
nicht andern Ministerien überwiesen sind, insbesondere die staatsrechtlichen Verhältnisse der 
standesherrlichen Familien; 
2. die Einrichtung der Verwaltungsbehörden, die Dienstesaussicht über dieselben 
und die Verhältnisse der Anwärter für den Dienst der inneren Verwaltung, was die 
Rechtskandidaten betrifft, benehmlich mit dem Justizministerium; 
3. die Dienstesanssicht über den Verwaltungsgerichtshof und dessen Mitglieder, dann 
über die Staatsanwaltschaft bei diesem Gerichtshofe ); 
4. das Landesarchivwesen; 
1) V. O. vom 1. Dezember 1871 (Weber IX S. 161) § 2 Ziff. 1, durch V. O. vom 
9. Juni 1874 (Weber X S. 363) geändert (Wegfall des Fabesen Zu den Eisenbahnen 
werden auch die Pferdebahnen (Trambahnen) und die elektrischen Straßenbahnen gerechnet. Die 
Erledigung der betreffenden Angelegenheiten erfolgt durch das Ministerium des Aeußern benehm- 
lich mit dem Ministerium des Innern. 
2) Vgl. hinsichtlich der Justizverwaltung auch Art. 68—75 d. Ausf. G. z. G.V. G. in der 
Fassung des Art. 167 d. Ansf.G. z. B. G.B.; ferner Art. 77 der Verf. des Tentschen Reiches 
(Beschwerde wegen Justizverweigerung). 
3) Vgl. Min. Bek. vom 5. Nov. 1899 (J.M. Bl. S. 1221), erlassen auf Grund des Art. 74 # 
des Ausf.G. zum G. A.G. in der Fassung des Art. 167 N. XX des Ausf.G. zum B. G.B. 
4) Ueber das königliche Begnadigungsrecht vgl. Verf.Urk. Tit. VIII 8 4, das Ges. vom 
Juli 1861 über die Aufhebung der Straffolgen und Art. 12 des Ges. vom 4. Juni 1848 über 
16 Verantwortlichkeit der Minister; über die bedingte Begnadigung Min. Bek. vom 24. März 1896 
(Weber XXIII S. 546) u. vom 22. Dez. 1902 (J. M. Bl. S. 1089). In Militärstrafsachen steht 
die Antragstellung dem Kriegeministerium zu, das k. Begnadigungsrecht ist durch Einführung der 
R. M. St. G. O. vom 1. Dez. 1898 nicht berührt worden; vgl. auch Laband, Staatsrecht Bd. III 
S. 482 ff., 489. Heimberger, das landees öherrliche Abolition= Wechte Leipzig 1901. 
5) Zuständigkeitsverordnung vom 24. Dez. 1599 (G.V. Bl. S. 1229) 8§ 1, 3, 12, 13, 20—23 
25 und die dazu ergangenen Anef. Bestimmungen. 
6) Ges., die Errichtung eines Verwaltungs currichteboffes und das Verfahren in Verwaltungs- 
rechtssachen betr., vom 8. August 1878 (G. V. Bl. S. 369) Art. 
.
	        
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