zum Deutschen Reich gehörigen Länder regiert haben zum Reichs-
präsidenten wählbar sein sollte. Dieser Artikel war offensichtlich
von der Furcht vor einer monarchistischen Reaktion diktiert.
Frankreich hat sich durch eine ähnliche Vorschrift vor einem
Staatsstreich zu schützen gesucht und die junge deutschöster-
reichische Republik verfuhr ebenso; in beiden Ländern handelt
es sich aber um einen verhältnismäßig sehr kleinen Kreis von
Personen, die auf diese Weise vom höchsten Ehrenamt der Re-
publik ausgeschlossen sind. Dagegen hätte der Artikel 164 schon
in der ersten Fassung einen beträchtlichen Kreis von Personen
betroffen, nämlich die Familien der 22 ehemaligen Bundesfürsten
mit ihren sämtlichen Nebenlinien. Die spätere Fassung des Art. 164
ging aber noch bedeutend weiter, indem er einmal für alle Zeiten,
nicht nur für 15 Jahre, gelten sollte und außerdem auch die An-
gehörigen von Familien vom passiven Wahlrecht ausschloß, deren
Länder schon im Jahre 1805 mediatisiert worden waren. Die
Annahme des Art. 164 in dieser Fassung mußte lediglich als ein
Spiel des Zufalls angesehen werden. Eine Maßregel von derartiger
Tragweite war durch die Ereignisse nicht zu rechtfertigen. Die
Verhältnisse im Deutschen Reich sind auch mit denen Frank-
reichs nicht zu vergleichen. Frankreich hat einen monarchistischen
Staatsstreich mit weittragenden Folgen erleben müssen, die Kandi-
datur eines Angehörigen der in Betracht kommenden Familien
müßte dort als der sichere Vorbote eines Staatsstreiches angesehen
werden; in Deutschland ist das keineswegs der Fall. Mit Recht
wurde in der Nationalversammlung darauf hingewiesen, daß eine
derartige Vorschrift eine Bevormundung des Volkswillens dar-
stelle, die sich mit dem Wesen der Demokratie nicht vereinbaren
lasse. In der dritten Beratung der Verfassung wurde der Art. 164
tollständig gestrichen. Die endgültigen Bestimmungen der Reichs-
verfassung über die Wählbarkeit zum Amt des Reichspräsidenten
sind demnach mit der Forderung des Besitzes der deutschen Staats-
angehörigkeit und der Vollendung des 35. Lebensjahres erschöpft.