— 65 —
Urtheil desselben würde jedoch in der Regel lediglich gegenüber dem
(resp. den) andern am Prozesse betheiligten Prätendenten, dagegen
dem Volk gegenüber nur, wenn es im Prozesse gehörig vertreten ge-
wesen, formelles Recht schaffen. Eine Anerkennung von Seiten des
Gesetzgebers kann, weil dieser immer nur durch seinen Willen wirk-
sam wird, niemals rechtliche Folge haben.
3. Das Gewohnheitsrecht als allgemein gültige Rechtsquelle
kann auch über das Subjekt der Staatsgewalt Bestimmungen tref-
fen. Wenn also die Mitglieder eines Staatswesens, vermöge des
geistigen Einflusses der unter ihnen bestehenden Gemeinschaft auf
ihre Uebertseugung, die Existenz des Staates oder die Innehabung
der Staatsgewalt von Seiten des Staatsherrschers durch juristisch
bedeutende Handlungen als rechtmäßig anerkennen, so wird dadurch
die faktische Ordnung zur rechtmäßigen. — Die nähere Begründung
und Ausführung dieser wichtigen Sätze wird in der folgenden Ab-
theilung gegeben werden.
UI. Vergleichen wir die Ergebnisse dieser Entwickelung mit den
oben angeführten Auffassungen, so leuchtet zunächst ein, daß die
Anhänger der latenten Volkssouverainität nur in sehr uneigentlichem
Sinne den Volkswillen, welcher nach ihrer Meinung die usurpirte
Staatsgewalt nachträglich legitimirt, als Anerkennung bezeichnen
können; insofern der Wille sich durch die Anerkennung immer nur
indirekt (stillschweigend) äußern kann, ist es jedenfalls ganz unrich-
tig, auch die ausdrückliche Willenserklärung unter dem Ausdruck
„Anerkennung" zu begreifen. — Zöpfl, Fröbel und Frautz dagegen
haben keinen auf Rechtsbegründung gerichteten Willensakt, sondern
eine wirkliche Anerkennung im Auge, nur daß sie dieselbe überwie-
gend als einen innerlichen Vorgang auffassen; aber Gegenstand der
Anerkennung ist ihnen nicht sowohl das Herrschaftsrecht, als das
Dasein des Staates oder der Besitz der Staatsgewalt, also eine
juristische Thatsache, welche freilich nach der Meinung der beiden
erstgenannten unmittelbar das Recht giebt. Indem diese nun aber
die Anerkennung als nothwendiges Erforderniß bezeichnen, verwickeln
sie sich scheinbar in einen Widerspruch; denn wenn in det Thatsache
schon das Recht liegt, was soll eine hinzukommende Anerkennung
bewirken? Bei schärferer Betrachtung findet man aber, daß kein
(insbesondere auch über Thronfolgestreitigkeiten) berufen, wenn die Parteien vom
bundesrechtlichen Standpunkt aus für Bundesstaaten, resp. Souveraine derselben
zu erachten waren.
Brie, die Legitimation 2c. 5