Full text: Königlich Württembergisches Staats- und Regierungs-Blatt vom Jahr 1808. (3)

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ten Faͤllen anzufragen, sondern es sind auch die gegen das Collegium gerichteten Klagen der 
Schrifesteller, welche beschwert zu seyn glauben, daselbst anzubringen. greich gen de 
Alle uͤbrige Censur-Behoͤrden haben in einzelnen Anstandsfällen von dem Censur= Col- 
legio Bescheid einzuholen. 4 
S. 5. 
Bei Ausübung des Censur-Amts haben die Censoren im Allgemeinen ihr Augenmerk 
darauf zu richten, daß nichts gedrukt werde, was eine Beleidigung für ganze Staaten und 
derselben Regenten, für gesezlich bestehende Religions-Gesellschaften, für obrigkeitliche Stel- 
len oder in öffentlichen Aemtern stehende Personen, oder auch für einzelne Stände, Corpo- 
rationen oder Privat= Personen enthält, oder was dazu geeignet ist, das Gefühl für Sitt- 
lichkeit und Religion zu erstiken, oder eine dem obrigkeitlichen Ansehen und der Wirksamkeit 
der obrigkeitlichen Anordnungen nachtheilige Gemüthsstimmung zu erzeugen, oder das Publi- 
kum zu Maaßregeln aufzumuntern, welche der öffentlichen Ruhe und Ordnung gefährlich sind. 
Hiedurch wird zwar nicht ausgeschlossen, daß jeder, ver den Beruf dazu in sich fühlt, über 
Gegenstände der Religion, der Moral und der Staats-Wissenschaften nachdenken, und die Re- 
sultate seiner Untersuchungen durch den Druk bekannt machen darf. Man kann aber mit Reche 
erwarten, daß solches immer in dem gesezten, bescheidenen und würdigen Tone geschieht, wel- 
cher nicht nur der Wichtigkeit des Gegenstands angemessen, sondern auch das Kennzeichen einer 
aufrichtigen Wahrheitsliebe und eines nach Beförderung ächter Aufblärung strebenden For- 
schungsgeistes ist, und daß die Schriftsteller sich keine Aeußerungen erlauben, welche, wenn ste 
mündlich in öffentlicher Gesellschaft geschehen würden, als Injurien oder als Volks-Aufwieg- 
lungen oder als grobe Ausbrüche von Unstttlichkeit niche ungeahndet hingehen würden. 
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Eine vorzügliche Aufmerksamkeit verdienen theils die für den Untcerricht und die Unter- 
haltung der Jugend bestimmten, theils die dem größern Publikum gewidmeten Schriften. 
Je tiefer sich die Eindrüke im jugendlichen Alter einprägen, und je mehr dem Staat 
daran gelegen ist, daß seine heranwachsenden Mitglieder zu guten nüzlichen und zufriedenen 
Staatsbürgern erzogen werden: desto sorgfältiger hat die Censur-Polizei darüber zu hälten, 
daß in Jugendschriften keine gemeinschädlichen Irrthümer und gefährlichen Grundscze ver- 
breitet, keine die Stttlichkeit und die bürgerliche Ordnung untergrabenden Reigungen er- 
wekt werden. 
Eben dieses findet auch bei den für das größere Publikum bestimmten Drurschriften 
statt. Was in einem wissenschaftlichen Werk unbedenklich zu einem Gegenstand unbefange- 
ner Untersuchung gemacht werden kann, was einem unterrichteten Gelehrten oder Sctaats- 
mann unter jeder Form des Ausdruks ohne Anstand gesagt werden darf, würde, wenn ein 
Volks= Schriftsteller unbehutsam davon Gebrauch machen wollte, bei ununterrichteten Lesern 
nicht selten die schäblichsten Mißverständnisse veranlassen, Religiosität und Sitelichkeit in 
ihren Grundpfeilern erschüttern, und gegen die wohlthätigsten Staats-Einrichtungen Miß- 
trauen erregen. 
. 7. 
Bei den politischen Zeitungen ist ausser dem noch darauf Räksicht zu nehmen, daß we- 
der durch anstößige Urtheile, noch durch Anuführung unrichtiger That-Umstände zu Beschwer-
	        
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