Full text: Königlich Württembergisches Staats- und Regierungs-Blatt vom Jahr 1808. (3)

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dabei auf die besondere Unstaͤnde und Beduͤrfnisse jeder Ortschule Rüksicht zu nehmen; daher will man nur 
Folgendes als Leitfaden bei ihren individuellen Eintheilungen anfügen. # 
Die erste Klasse soll vorzüglich mit nachstehenden Gegenständen beschäftigt werden: 
a) Erwekung der Aufmerksamkeit, und des Beobachtungsgeistes, durch Vorzeigung und Benen- 
nun 9 verschiedener Gegenstände, die um die Schüler herum sind, und von ihnen angeschaut werden können. 
Many anclisirt mit ihnen die Schulstube, ihre Theile, und Untertheile, den Gebrauch und die Bestimmung 
aller Theile; doch darf die Lergliederung eben nicht zu weit gehen. So kann man mit ibnen auch die Theile 
des menschlichen Körpers, die Theile einer Kirche, eines Gartens, das Dorf in seiner politischen und religis- 
sen Verfassung, nach seinen Häusern und Gebäuden durchgehen, und sowohl die Zahl ihrer Anschauungen, als 
der Worte zu ihrer Bencnnung rermehren. Diese Uebungen gehen vor aller Buchstaben= Kenntniß, und sie 
wachen einen wesentiichen Theil des allerersten Schulunterrichtes aus, und sollen auf dem Lande gleichsam die 
Stllle des Pestalozzischen Buches für Mütter vertreten. Auch kann man dabei nicht nur die zeben Gesichts- 
pu. kte benüzen, welche Restalozzi in jenem Buche zu Uebungen aufstellt, sondern dieselben wohl noch mit an- 
dern, eben so belehrenden, vermehren. 
b) Buchstaben-Kenntniß, Buchstabiren, und einige Uebungen im Lesen. Man wird es in der Folge da- 
hin zu bringen suchen, daß die stephanische Art, das Lesen zu lehren, und zu lernen, allgemein werde. In- 
des en mag immer der gewöhnliche Weg durchs Buchstabiren zum Lesen zu kommen, von den Schulinspectoren 
bei den alrern Schullehrern noch geduldet, aber dabei jene Verbesserungen und Abkürzungen angewandt wer- 
den, welche in den neuern Zeiten für diese Lehrmethode erfunden worden, zumal, da noch selbst die Padagogen 
nicht ganz in die Verwerfung des gewöhnlichen Buchstabirens einstimmen, und das Buchstabiren aus dem 
Koxfe wenigstens bei der Rechtschreibung mit RNuzen gebraucht wird. 
DC) Rechnen aus dem Kopfe, wozu man den Stoff ans den sinnlichen Umgebungen der Kinder hernimmt. 
uch ist die Pestalozzische Rerc nungstabelle (wenigstens in den einfachern Zahlenverhältnissen) schon bei den 
kleinsten Kindern anwendbar. · 
d) Religion und Sittenlehre. So weit dieser Gegenstand der Fassungskraft und dem Alter der Kinder 
dieser Klasse nach Anleitung der bessern Religionsbücher angemessen ist. · 
Man bemerkt hiebei, daß die religioͤsen und sittlichen Ermahnungen auf den Kinder-Kreis engewandt, und 
durch Beispiele aus demselben, auch durch biblische Geschichten erläutert werden sollen. Die Moral muß hier 
verzüglich dahin gehen, die Pflichren der Kinder einzuscharfen. 
e) Singen. Da man in jeder guten Schule vor dem Anfange des Unterrichtes die Schöler im Singen 
ceistlicher, und sonst anständiger Lieder übt; so werden schon die kleinsten Schüler einigermassen, wenn es ihr 
schwaches Organ zuläßt, in diese Singubung gezogen. 
In der zweiten Klasse werden dieselben Gegenstände, nur mit der nöthigen Erweiterung, vorgetragen. 
Die Kinder werden mit den Unterscheidungszeichen bekannt gemacht. Sie müssen richtig und deuciich le- 
sen. Der Unterricht und die Uebungen im Schreiben werden mit ihnen angefangen. 
d Zu dem Kopfrechnen kommen die 4 Rechnungsarten in genannten und ungenannten Zahlen. Begriffe von 
en Brüchen. · 
Der Religionsunterricht wird theils durch biblische Geschichten, theils durch einen etwas aueführlichern 
Katechismus mitgetheilt. Auch die Verstandes-Uebungen werden, in veränderter und mehr umfassender Ge- 
stalt fortgesezt; Regeln der Ortographie und der deutschen Sprache hie und da eingestreut; auch aus andern 
Fäachern urzliche Kenntnisse beigebracht, wozu die öffentlichen Lesenbungen aus gemeinnäzigen Büchern, z. B. 
aus dem Kinderfreunde, oder Bekers Noth= und He#lfsbüchlein reichlichen Stoff licfern können. 
In der dritten Kiasse wird der Unterricht in allen obigen Gegenständen so weit fortgeführt, als es für 
Kandschulen nöthig ist. « 
Der Religionsunterricht für alle 3 Klassen wird nicht vom Schullehrer, sondern vom Parrer selbst, oder 
seinem Vikar (unter seiner Aufsicht, und in den Orten, wo Kapläne oder Cooperatoren sind, auch von die- 
sen) gegeben. Es werden dazu für jede Klasse wochentlich 2 Stunden, und mithin für alle drei Klassen in 
jeder Woche 6 Stunden verwendet. v 
Die Schüler der zwei erstern Klassen wohnen der öffentlichen Katechese in der Kirche an Sonntagen nicht 
bei. Hingegen werden die Schüler der dritten Klasse, ob sie gleich wie die übrigen, auch unter der Woche 
weimal in der Schule Religions-Unterricht erhalten, doch auch zur Kirchenkatechese an Sonntagen zugelassen. 
Dieser sonntägliche Religions-Unterricht in der Kirche wird ## dem Pfarrer für die aus der Schule getrete-
	        
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