fullscreen: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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Nachdem inzwischen der Antrag Lasker im Reichstag (29. bis 31. Mai 
1872) aufs neue — unter dem Widerspruch der Vertreter von Bayern, Sachsen 
und Württemberg — mit großer Majorität angenommen worden war, sprach 
bei Gelegenheit der Beratung des bezüglichen Beschlusses im Bundesrat der 
württembergische Bevollmächtigte den Wunsch aus, daß die den Ausschüssen am 
9. April 1872 aufgetragene, seither wegen der Abwesenheit des preußischen 
Vorsitzenden des Justizausschusses unterbliebene erneute Beratung des Gegen- 
standes nicht verschoben werden möge, bis im nächsten Jahre der Bundesrat 
seine volle Thätigkeit wieder aufnehme. 
Die Beschlußfassung zog sich aber doch bis in die nächste Session des 
Bundesrats hinaus. 1) 
Militärstrafgesetzbuch. Die Beratung desselben 2) nahm im Bundesrat 
wenig Zeit in Anspruch, weil sich der Entwurf so viel als möglich den Rechts- 
grundsätzen des bürgerlichen Strafgesetzbuches anschloß, welches vor zwei Jahren 
nach gründlicher Beratung mit dem Reichstag vereinbart worden war. Ueber 
mehrere Punkte, welche der Reichstag an dem Entwurfe beanstandet hatte, kam 
es zwischen Bundesrat und Reichstag zu einer Einigung. Militärstrafgesetzbuch 
vom 20. Juni 1872 (Reichs-Gesetzbl. S. 174). 
Strafprozeßordnung. Die Ausarbeitung eines bezüglichen Entwurfes 
beruhte auf dem Bundesratsbeschluß vom 5. Juni 1868, 3) und war, wie 
erinnerlich, ) in die Hände des damaligen Geheimen Ober-Justizrats Dr. Fried- 
berg gelegt worden. Nachdem der Entwurf im Sommer 1871 wiederholten 
Beratungen im preußischen Justizministerium unterzogen worden war, legte ihn 
petenzerweiterung überhaupt, für eine solche jedoch nur in dem gegebenen Falle eines 
dringenden Bedürfnisses, zu dessen Abstellung, und jedenfalls gegen eine Lösung der Frage 
in einem einseitigen Sinne, wie er etwa der Auffassung oder dem Bedürfnisse eines oder 
des andern Staates entsprechen möchte. Unter solchen Umständen wurde auf Anregung 
des Präsidiums beschlossen, den Antrag zur weiteren Erwägung noch einmal an die Aus- 
schüsse zu verweisen."“ 
1) Bundesratsverhandlungen über den Gesetzentwurf, betreffend die dem Reichs-Ober- 
handelsgerichte gegen Rechtsanwälte und Advokaten zustehenden Befugnisse, „National= 
Zeitung“ Nr. 221 vom 14. Mai 1872; Geschäftsübersicht des Gerichtshofs, Nr. 90 vom 
23. Februar 1872; Anstellung eines Beamten, betraut mit Wahrnehmung der Verrichtung 
der Staatsanwaltschaft bei dem gedachten Gericht, Nr. 548 vom 22. November 1872 und 
Nr. 550 vom 23. November 1872; Meinungsverschiedenheiten mit Sachsen in Betreff 
einiger Bestimmungen des Reichsstrafrechts, Nr. 244 vom 29. Mai 1872. 
2) Analyse des dem Bundesrat in der Sitzung vom 9. März 1872 vorgelegten Ent- 
wurfes, „National-Zeitung“ Nr. 128 vom 16. März 1872; Ausschußvorschläge, Nr. 149 
vom 28. März 1871; Stellungnahme des Bundesrats zu den Reichstagsbeschlüssen, Nr. 239 
vom 25. Mai 1872 und Nr. 282 vom 20. Juni 1872. 
3) Vgl. Band I. S. 164. 
4) Vgl. oben S. 131.
	        
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