Full text: Königlich Württembergisches Staats- und Regierungs-Blatt vom Jahr 1820. (15)

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in der Verwaltung des Grossgrundbesitzes, der Aktiengesellschaften, der in- 
dustriellen Grossbetriebe, der Stiftungen u. s. w. sind berufsmässige Beamte 
thätig. Man kann auch das Bild des Organismus darauf anwenden; auch 
diese Verwaltungen bedürfen einer Organisation, einer Verteilung der Ge- 
schäfte nach bestimmten Zuständigkeitsgrenzen; auch diese Beamte haben 
Organfunktionen, sind Organpersonen des Gesamtorganismus, dem sie ange- 
hören. Es ist kein sprachlicher Widersinn und keine sprachliche Rück- 
ständigkeit, dass man Wort und Begriff „Beamte“ sowohl auf Öffentliche als 
auch auf Privatbeamte anwendet; es handelt sich in der That um eine beide 
Arten umfassende Kategorie. Es besteht kein spezifischer Unterschied 
zwischen den in der Verwaltung einer Staatseisenbahn und einer Privat- 
eisenbahn, einer staatlichen Bergwerks-, Forst- oder industriellen Betriebs- 
verwaltung und den in gleichartigen Privatbetrieben angestellten Beamten, 
zwischen den Sekretären, Buchhaltern und Rechnungsbeamten einer Staats- 
behörde oder einer Privatverwaltung u. s. w. Der Beamtenbegriff ist der 
gleiche. Dass Privatbeamte keine obrigkeitlichen Rechte ausüben können, 
kommt nicht in Betracht; denn der Beamte kann nur solche Funktionen 
ausüben, welche zu seiner Zuständigkeit gehören, und diese Zuständigkeit 
kann nicht weiter reichen als die Machtsphäre des Organismus, dem er an- 
gehört oder — in anderer Ausdrucksweise — des Herrn, dem er dient. 
Auch in der Staats- und Kommunalverwaltung giebt es überaus zahlreiche 
Beamte ohne obrigkeitliche Kompetenz. Dass dies für den Begriff des 
Amts und des Beamten unerheblich ist, hat der Verf. selbst sebr gut und 
überzeugend ausgeführt. Andererseits können auch Privatbeamten obrigkeit- 
liche, insbesondere polizeiliche Befugnisse vom Staate beigelegt werden, 
z. B. Forstschutzbeamten, Jagdhütern, Schiffskapitänen, Eisenbahnbeamten 
u. 8 w. 
Giebt es nun eine Masse von Privatbeamten, welche hinsichtlich 
ihrer dienstlichen Pflichten und Befugnisse, ihrer Amtsverrichtungen, ihrer 
Ansprüche auf Gehalt, Pension und Reliktenversorgung, ihrer Entlassung 
u. 8. w. unter ganz gleichartigen Regeln stehen, wie sie für die öffentlichen 
Beamten gelten, so muss es auch einen Grundbegriff des Beamten und des 
Beamtenverhältnisses geben, welcher auf beide Kategorien anwendbar ist, 
und eine Theorie, welche nur für einen Teil und zwar den bei weitem 
kleineren Teil der gesamten Beamtenschaft Geltung haben kann, ist wissen- 
schaftlich ohne Wert; denn die Dogmatik soll den Einheitspunkt in der 
Mannigfaltigkeit der thatsächlichen Erscheinungen ergründen. Von den 
Privatbeamten ist es aber doch völlig unzweifelhaft, dass sie in einem 
Dienstverhältnis stehen, dass dieses Verhältnis durch einen zweiseitigen Dienst- 
vertrag begründet wird, dass die aus demselben hervorgehende Dienstpflicht 
sowie die dadurch begründeten Ansprüche auch dann bestehen, wenn 
Dienstverrichtungen nicht verlangt werden, und dass das Dienstverhältnis 
als solches verschieden ist von den Rechtsverhältnissen, welche durch die
	        
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