528 I. 5. Ende der Kriegszeit.
die unnatürliche Künstelei dieses Kriegsplanes, der die Uebermacht der
Verbündeten willkürlich von der geraden und sicheren Siegesstraße ab-
lenkte, mit der wundersamen Behauptung: auf diese Weise gewinne man
den Beistand der Armee Wellington's, die im äußersten Südwesten Frank-
reichs, nahe den Pyrenäen, stand. Die lästigen Stürmer und Dränger
des schlesischen Heeres wollte Langenau durch die Belagerung von Mainz
beschäftigen und dem Kriegsschauplatze fern halten. Erst nach langem,
heftigem Streite erwirkte sich Blücher die Erlaubniß, am Mittelrhein die
französische Grenze zu überschreiten; von da sollte er durch die Saar-
lande und Lothringen ebenfalls jene wunderbare Hochebene zu erreichen
suchen, wo man sein Wasser nach drei Meeren zugleich abschlagen konnte
— wie der derbe Lagerwitz der erbitterten Schlesier spottete.
Also gewährte die Unfähigkeit einer altväterischen Politik und Stra-
tegie dem Imperator abermals eine Möglichkeit der Rettung. Sie schenkte
ihm drei Monate Frist um ein neues Heer zu schaffen und berechnete ihre
Kriegspläne auf das behutsame Vermeiden jeder durchschlagenden Ent-
scheidung. Mochten immerhin Lainê und einige andere muthige Männer
in dem zahmen gesetzgebenden Körper jetzt ihre Stimme erheben und den
Unwillen des Landes über die endlosen Kriege aussprechen, der Despot
herrschte sie mit verächtlichen Worten an. Noch galt der Wahlspruch des
Kaiserreichs: die Herrschaft der Schwätzerei ist zu Ende! Napoleon förderte
seine Rüstungen mit der alten Umsicht und rechnete zugleich auf den
Erfolg der diplomatischen Verhandlungen, auf den Zerfall der lockeren
Coalition. Wiederholt ließ er den Staatsmännern der Hofburg sagen,
ein großer Sieg liege nicht im Interesse Oesterreichs, könne leicht das
europäische Gleichgewicht zum Nachtheile für Oesterreich verschieben. Keine
Rede von Nachgiebigkeit. „Die alten Grenzen", schrieb er an Caulaincourt,
„wären eine Erniedrigung für Frankreich; alle unsere Eroberungen wiegen
nicht auf was Preußen, Oesterreich, Rußland, England während der letzten
Jahrzehnte gewonnen haben.“ Seine Unterhändler sollten ihre Friedens-
vorschläge „so unbestimmt als möglich halten, denn wir haben Alles von
der Zeit zu gewinnen!“ —
Währenddem fielen einige der Festungen des Nordostens, die von
den Franzosen allesammt mit ehrenhafter Ausdauer vertheidigt wurden,
so Danzig und Torgau. Am 13. Januar wurde Wittenberg von den
Truppen Tauentzien's erstürmt nach einer schweren Beschießung, die der
junge Bardeleben umsichtig leitete; es war der einzige einigermaßen groß-
artige Belagerungskampf in diesem schlachtenreichen Kriege. Ungleich
wichtiger ward die Eroberung von Holland. Da Bernadotte schon im
November von Hannover aus gegen Dänemark zog um seine norwegische
Beute in Sicherheit zu bringen, so machte sich Bülow von dem verhaßten
Oberfeldherrn los, brach aus Westphalen in die Niederlande ein, und so-
fort erfuhr die Welt wieder, was die Nordarmee vermochte, wenn man