732 II. 2. Belle Alliance.
auf dem Schlachtfelde begegnet; die großartige, durch ungeheure Massen—
schläge den Sieg mit einem male erzwingende Kriegsweise Napoleon's
blieb ihm unbekannt. Ganz unbefangen hielt er jene altväterisch bedacht—
same Kriegführung, die ihm selber in den ungewöhnlichen Verhältnissen
des spanischen Kriegsschauplatzes so große Erfolge bereitet hatte, für die
einzig richtige. Auf die Volksheere sah er mit der ganzen Verachtung
des Berufssoldaten herunter; sie waren ihm allesammt um nichts besser
als die spanischen Guerillas, welche sich auf dem Schlachtfelde so oft un—
brauchbar erwiesen, und niemals wollte er zugeben, daß der Erfolg des
Halbinselfeldzuges doch nicht möglich gewesen wäre ohne den Fanatismus
jener zuchtlosen Banden, die den Feind im Rücken durch die Schrecken
des kleinen Krieges ermüdeten und schwächten. „Der Enthusiasmus",
schrieb er in seiner ungelenken. Weise an Castlereagh, „ist in der That
keine Hilfe um irgend ein Ding zu vollbringen und ist nur eine Ent-
schuldigung für die Unordnung, womit jedes Ding gethan wird, und für
den Mangel an Mannszucht und Gehorsam in den Heeren.“ Aus diesen
militärischen Ansichten sprach zugleich die antirevolutionäre Gesinnung des
Hochtorys. Wellington hat in späteren Jahren, sobald sein sicherer Sol-
datenblick die unauhnaltsame Nothwendigkeit einer Reform erkannte, mehr-
mals gewagt, sich vde seinen politischen Freunden zu trennen und, unbe-
kümmert um den Zorn der Partei, selber mit starker Hand vollendet was
er bisher als gefährliche Neuerung bekämpft. Im Alter stand der Ruhm-
gekrönte hoch genug um allein dem Ganzen zu leben, allein der Stimme
seines lauteren Patriotismus zu folgen: „ich gäbe," sagte er einst, „willig
mein Leben dahin, wenn ich meinem Lande damit einen Monat bürger-
lichen Krieges ersparen könnte.“ Im Jahre 1815 war er durchaus noch
ein hochconservativer Parteimann; der Weltkrieg jener Tage erschien ihm
einfach als ein Kampf der legitimen Obrigkeit gegen die Revolution.
Die nationalen Leidenschaften, die in den Völkern des Festlandes
brandeten, betrachtete er halb mit Argwohn halb mit Verachtung. Unter
Iren, Hindus, Spaniern und Portugiesen hatte er den größten Theil
seines Lebens verbracht; nach solchen Erfahrungen stand ihm die Mei-
nung fest, daß keine andere Nation sich den Briten auch nur von fern
vergleichen dürfe. Die altenglische Sünde der Geringschätzung fremden
Volksthums zeigte sich bei diesem trockenen unliebenswürdigen Helden in
so beleidigenden, kalt hochmüthigen Formen, daß selbst die Spanier, die
ihm so viel verdankten, ihn aus Herzensgrunde haßten. Ganz wie sein
Freund Castlereagh blieb er der Ansicht, daß die parlamentarische Freiheit
ein ausschließliches Besitzthum des bevorzugten englischen Stammes sei
und für die Unreife der Continentalen nicht tauge. Wie er schon in
Indien und Spanien die staatsmännische Thätigkeit mit der militärischen
verbunden hatte, so war er nach dem Frieden in Paris und Wien als
Gesandter wirksam und wurde von den Ministern so tief in's Vertrauen