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Recht: „Nur als Staatsglied — im weitesten Sinne erkennt der
moderne Staat jedem Menschen, der irgendwie seinem Herrschafts-
bereich verfällt, diese Eigenschaft!) zu — ist der Mensch über-
haupt Träger von Rechten.“ Die ganze Handlungsfähigkeit hat
der Bürger also vom Staate.e. Warum soll der Staat sie nicht
beschränken können?
Ohne absolute Herrschermacht gegenüber dem Volksgenossen
wäre dem Staate die Erreichung seines Zweckes unmöglich. Er
wäre nicht Staat, Bedingung der Rechtsordnung, sondern eine
Vereinigung von Menschen mit gleichen Interessen, die mehr oder
weniger weitgehende Befugnisse und Verpflichtungen gegen einander
hätten, ohne sich jedoch anders als infolge moralischen oder
tatsächlichen Zwanges den Anordnungen dieser Vereinigung zu
fügen.
II. Das Staatsvolk ist für den Staat unentbehrlich.
Der Mensch betrachtet alles Bestehende notwendig von seinem
Standpunkte als Mensch aus, daraufhin also, ob es ihm nützt
oder schadet. Dadurch ist der Staat als solcher bedingt; auch
er ist Egoist. Er verfolgt lediglich die egoistischen Interessen
der Nation als Ganzen; der Nationale in diesem Sinne ist der
seinem Organismus Zugehörige, der Staatsangehörige. Und dieses
Resultat hat eine bedeutende Tragweite.
Die mannigfachsten Versuche sind gemacht worden, den In-
halt dieses Begriffes der Staatsangehörigkeit juristisch klarzustellen.
Man hat als wesentliches Merkmal des Staatsangehörigen das
Wohnrecht im Inlande bezeichnet?). Allein es gibt Staaten, in
denen eine Ausweisung Staatsangehöriger rechtlich zulässig ist.
Man hat in der Wehrpflicht?) das Unterscheidungsmerkmal sehen
wollen, aber ebenfalls mit Unrecht. Auch Anspruch auf Schutz
im Auslande, Anspruch auf Teilnahme am politischen Leben bilden
kein wesentliches Moment der Staatsangehörigkeit. Ein allgemein
gültiges Kriterium lässt sich auf diesem Wege der inhaltlichen
1) d. h. die Persönlichkeit.
2) Diese Ansicht üusserte LABAND bereits in der ersten Auflage seines
Staatsrechtes 1878 Bd. I. S. 151 f. — Vergl. auch SEYDEL: Ann. 90. S. %.
3) O. Mayer: Verw.R. II. S. 455, 456 @. 5 tadelt mit Recht die Auf-
fassung von der Beschränkung der Wehrpflicht auf die Staatsangehörigen,
„als ob diese Befreiung“ — d. h. der Ausländer — „durch die Grundsätze
des Völkerrechts bewirkt würde, während sie auf der durch völkerrechtliche
Rücksichten bestimmten Enthaltsamkeit unserer Gesetzgebung beruht“.