Kapitel ll.
Die Stellung der Schutzgebiete zum Reiche.
S 3. 1. Soweit der völkerrechtliche Erwerb in Frage kommt.
Insofern dem Reiche im oben erörterten Sinne die Souverä-
netät eignet, ist auch seine Fähigkeit zum Erwerbe von Kolonieen
ein Ausfluss derselben !). Zum völkerrechtlichen Akt des Erwerbes
sei es durch Okkupation, sei es durch Vertragsschluss ist der
Kaiser nach Art. 11 RV. legitimiert.
Da man ein klareres Bild der Untertanenverhältnisse in den
deutschen Schutzgebieten gewinnt, wenn über die Art der Herr-
schaftsbegründung seitens des Reiches keine Zweifel mehr herrschen,
der Modus dieses Erwerbes aber wiederum mit der Untertanen-
stellung der Eingeborenen eng zusammenhängt, erscheint eine
kritische Untersuchung der Materie notwendig. Ein näheres Ein-
gehen darauf zwingt uns, zunächst völkerrechtliches Gebiet zu
betreten. Dabei muss aber daran festgehalten werden, dass es
sich um eine juristische Untersuchung handelt; dass also Grund-
sätze, die der Idee eines „allgemeinen Menschenrechtes“, eines
„Naturrechtes“ ihre Entstehung verdanken, hier nur sehr indirekt
in Frage kommen können.
II. Für den Erwerb von Gebiet durch einen Staat gibt es
u. a. das Mittel vertragsmässiger Abtretung und Okkupation herren-
losen Gebietes ?).
Zum Vertragsschluss gehören völkerrechtlich befähigte Par-
teien, d. h. zwei Staaten; zur Okkupation ein Völkerrechtssubjekt
und ein im Sinne des Völkerrechts staatloses Gebiet als Objekt.
Ein Gebiet ist entweder staatlich oder staatlos. Ein Drittes
1) Lasanp: Il. S. 282; Arnprt: S. 759; v. Poser: S. 3.
2) Diese modi interessieren uns zunächst. Vgl. Hau: S. 100; RıvıEr:
Principes 1. S. 174 ff.
Hauschild, Staatsangehörigkeit. 2