—- 19 —
Damit kommen wir auch auf ein zweites, positives Moment: Sie
haben eine politische Bedeutung gegenüber den unterworfenen
Häuptlingen ; aber derartige politische Gründe sind solche, „mit
welchen die Rechtsbetrachtung an sich nichts zu schaffen hat“ !),
Wie diese Verträge aber die Okkupation nicht ersetzen können,
so sind sie auch andererseits zu einer Besitzergreifung nicht not-
wendig, vielmehr irrelevant?). Auch können sie nicht den „Modus
der Okkupation“ bestimmen, wie LABAND®) sich ausdrückt. Die
Okkupation erfolgt, oder sie erfolgt nicht. In einem Falle volle
Gewalt, Souveränetät über das okkupierte Gebiet, im andern
nicht. Die in den Verträgen zuweilen zum Ausdruck kommende
Selbstbeschränkung des Reiches?) auf gewisse staatliche Aufgaben
ist etwas völlig Anderes. Denn ob der Staat seine Souveränetät
in jeder Weise zur Geltung bringen will, tut dem Charakter der
Staatsgewalt als einer souveränen keinen Abbruch. Die Qualität
bleibt die gleiche.
IV. Die Vertragsfähigkeit von Nichtstaaten im Völkerrechts-
sinne wird geleugnet. Damit ist eigentlich die oben schon be-
rührte Frage nach der rechtlichen Natur des Protektorats?’) ent-
schieden.
Das Wort „Protektorat“ hat hier den Anstoss zu den hitzig-
sten Kontroversen gegeben. Und das um deswillen, da gewisse
feststehende Kriterien auf das sogenannte „koloniale Protektorat“
nicht passen wollten. Mit Unrecht erklärt ZoRn®) die Frage für
bedeutungslos. Sie nötigt uns im Gegenteil die tatsächlichen
Vorgänge auf ihren völkerrechtlichen und staatsrechtlichen Gehalt
zu prüfen. „Rechtsbegriffe sind allemal kantig, das Verschwimmen
des einen in den anderen wäre der Tod der Wissenschaft, der
findet sich noch der unklare Begriff eines durch die Verträge manifestierten
„fiktiven Besitzerwerbs* S, 21.
5) HEILBORN: S. 61 „das ausschliessliche Recht zur Okkupation*® G.
MEYER: Schutzgebiete $. 30.
1) ADAM: S. 259.
2) DERSELBE: S. 258; BORNHAK: S. 7.
3) II. S. 275. Wenigstens nicht in dem Sinne, in dem LABAND diesen
Ausdruck gebraucht.
4) Vgl. darüber unten 8. 23 f.
5) Vgl. hierzu ReınscH: Chapter VIII. S. 142—144 ausführliches Ver-
zeichnis der einschlägigen fremden Literatur. — HEILBORN : „Das völkerrecht-
liche Protektorat“ u. a.
6) I. S. 578, 579 a. 27.
2%