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Tod des Rechtslebens“ ').
Zunächst ist zu betonen, dass die in neuerer Zeit so häufig
angewandte landläufige Bezeichnung „Protektorat* auf ein Ab-
hängigkeitsverhältnis eines Landes zum andern deswegen noch
durchaus nicht dem Ausdrucke sein besimmtes rechtliches Gepräge
nehmen kann. Es ist ein Name?), weiter nichts, und verdankt,
wie sich HEILBORN?°) ausdrückt, sein Dasein einem fehlerhaften
diplomatischen Sprachgebrauche. Diese Gepflogenheit darf aber
nicht zu einer Verwässerung des technischen juristischen Begriffes
führen.
Für den Erwerb von Gebiet durch einen Staat gibt es, wie
bereits erwähnt, u. a. das Mittel vertragsmässiger Abtretung und
die Möglichkeit der Okkupation. Okkupierbar ist lediglich völker-
rechtlich herrenloses Gebiet; sicherlich also nicht das Gebiet von
Staaten im Völkerrechtssinne. Das völkerrechtliche Verhältnis
der recht schlecht sogenannten halbsouveränen Staaten zu einem
souveränen Staat, d. h. das Protektoratsverhältnis im weiteren
technischen Sinne eines Unterstaats zu einem ÖOberstaat, ist hier
möglich. Nicht zu vergessen ist aber, dass das Protektorat im
technischen Sinne ein völkerrechtliches Verhältnis ist. Indem man
ihm Eingang in das unentwickelte Kolonialrecht dadurch zu ver-
schaffen sucht, dass man den Ausdruck zum Träger eines ganz
undefinierbaren, juristisch vollkommen unbrauchbaren Allgemein-
begriffes macht), wird der Rechtswissenschaft die Möglichkeit
genommen, juristische von politischen Verhältnissen streng zu
trennen’).
Demgegenüber ist daran festzuhalten, dass die Erwerbungen
1) JELLINEK: Staatenverbindungen S. 15.
2) G. Mi:yEr: Schutzgebiete S. 836.
3) 8. 6.
4) Vgl. v. Liszt: S. 56; auch JELLINEK: Staatslehre S. 727 f.
5) Im allgemeinen richtig bemerkt v. Poser S. 19: „Um einen festen
einheitlichen Begritf des Protektorats aufstellen zu können, sind von vorn-
herein die Schutzverhältnisse auszuschliessen, welche mit den eingeborenen
Stämmen bestehen, ihrer rechtlichen Natur nach stautsrechtlichen Charakter
besitzen und nur dem Namen nach unter den Begriff des Protektorats fallen.“
Er unterscheidet zwei Arten des Protektorats nach dem Prinzip der Neben-
ordnung (rein völkerrechtliches Protektorat, Protektorat im weiteren Sinne
S. 20, 21) und nach dem Prinzip der Unterordnung (eigentliches Protektorat,
Protektorat im engeren Sinne S. 21), immer aber spricht auch er von zwei
Stauten.