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Schutzgewalt umfasst generell und präsumtiv alle Staatsaufgaben,
soweit nicht die Gesetzgebung diese zu erfüllen unternommen hat
oder künftig übernimmt“ !).
V. Durch das Erfordernis der effektivren Okkupation zum
Erwerbe der Souveränetät über ein staatsrechtlich herrenloses
Land ist dieses Gebiet, das wir im folgenden stets allein mit
Schutzgebiet bezeichnen, auch negativ gegenüber den sogenannten
Interessensphären abgegrenzt. Interessensphären sind räumlich
begrenzte Ländergebiete, deren ungestörter Erwerb, sei es durch
Okkupation oder durch Zessionsvertrag, einem Mitgliede der
Völkerrechtsgemeinschaft, d.h. einem Staate, durch Vertrag mit
anderen Staaten zugestanden ist, wodurch aber die Souveränetät
des betreffenden Staates über diese Gebiete nicht begründet wird’),
andererseits dem Vorgehen dritter, nicht an dem Vertrage betei-
ligter Staaten nicht präjudiziert wird).
VI. Da die Aufrichtung der Schutzgewalt über die deutschen
Schutzgebiete die Errichtung einer territorialen souveränen Gewalt
bedeutete, ist auch die Stellung der eingeborenen Bevölkerung zur
Reichsgewalt entsprechend qualifiziert. Hier konımt das Territorial-
prinzip zur Geltung.
Einmal haben wir gesehen, dass die Verträge mit eingeborenen
Häuptlingen keine Protektoratsverträge sind. Da die Begründung
der Souveränetät aber überhaupt nie vertragsweise vor sich gehen
kann, d.h. als vertragsmässige Unterwerfung‘), ist auch eine Be-
schränkung der Souveränetät an sich durch solche Verträge un-
denkbar. Die Folge ist, dass die Ueberlassung von Hoheits-
rechten an eingeborene Herrscher wohl eine Selbstein-
schränkung des Reiches in der Ausübung seiner vollen Staats-
gewalt bedeutet, dass aber der Beseitigung derartiger Hoheits-
rechte durch die Reichsgewalt allein kein Hindernis im Wege
stelit?). Ein Korrektiv gegen Missbrauch der souveränen Ueber-
1) Zorn: 1. S. 575.
2) AA. FLorack: 8. 7f. — Vel.v.Liszr: 8.78 „Vorstufe des Staatsgebie-
tes. — Es ist aber denkbar, dass zu Interessensphären Gebiete gehören,
die staatliches Gebiet im Sinne des Völkerrechts sind. Abessinien gehörte
zweifellos zur italienischen Interessensphäre. Das Abkommen zwischen Eng-
land, Frankreich und Italien aus dem Jahre 1906 bedeutet freilich eine Aen-
derung zu Ungunsten Italiens.
3) STENGEL: 1901 S. 4 f. 4) Nicht Abtretung von Gebiet.
5) ADAM: S. 301 ti. — S. 302: „Dass daran die Verträge nichts ändern,
beweist die stets an erster Stelle hervortretende Betonung der Unterwerfung