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Kolonieen im Jahre 1904“), dass nach britischer Kolonialerfah-
rung „die Kolonieen mit weisser Ansiedlerbevölkerung für das
Mutterland von weit höherer Bedeutung sind als die Kolonieen
mit farbiger Bevölkerung“ ?). „Ein Europäer gibt dem Mutter-
lande etwa so viel zu verdienen wie dreissig Farbige, mögen sie
gelb, braun oder schwarz sein“ °).
Die Möglichkeit des Erwerbes der deutschen Reichsangehörig-
keit ist aber nicht auf weisse Ansiedler beschränkt. Auch Ein-
geborene*) dürfen naturalisiert werden — SchGG. $ 9 Abs. 1.
Eingeborener bedeutet „ein im Lande Geborener“. Ihr
charakteristisches Gepräge erhält die Bezeichnung aber durch
SchaG. $ 9 Abs. 1. Es heisst dort „Ausländern, welche in
den Schutzgebieten sich niederlassen, sowie Eingeborenen“ etc.
Einmal wird Niederlassung im Schutzgebiete für Ausländer ver-
langt, und wir haben gesehen, dass das Territorialprinzip für die
Naturalisation eine unverminderte Bedeutung besitzt und dement-
sprechend räumliche Beziehung zu dem der Reichsgewalt unter-
worfenen Gebiete ein Essentiale geblieben ist. Hier aber heisst
es „Eingeborenen“ schlechthin. Das Erfordernis muss also in
dem Begriffe Eingeborener bereits enthalten sein. Dass die Be-
zeichnung Eingeborener auch keine willkürliche Ausdehnung erfah-
ren darf, lehrt die Bestimmung in 82 der VO. vom 9. November
1900. Den Eingeborenen werden dort hinsichtlich ihrer recht-
lichen Behandlung die Angehörigen fremder farbiger
Stämme gleichgestellt), soweit nicht der Gouverneur (Landeshaupt-
mann) mit Genehmigung des Reichskanzlers Ausnahmen bestimmt.
Japaner gelten nicht als Angehörige farbiger Stämme. Um den
Unterschied anschaulich zu machen: auf der einen Seite stehen
die Eingeborenen, auf der anderen die Angehörigen fremder
farbiger Stämme. Die Gleichstellung erfolgt aber nur im Sinne
des & 4 und des $ 7 Abs. 3 Sch@aG. Diese VO. gibt uns so-
mit einen weiteren festen Anhalt für die Bestimmung des Ein-
geborenenbegriftes: Es handelt sich um Angehörige farbiger
Stämme und zwar nichtfremder, d.h. einheimischer, schutz-
gebietsangehöriger. Dass der Angehörige eines fremden farbigen
J) Leipzig, Wilhelm Weicher: 1904 S. 4 fi.
2) S. 4. 3) 8. 5. 4) Vergl. GENTZ: a.a. 0.
5) KöBnER bei HOLTZENDORFF: S. 1099 f. weist darauf hin, dass diese
Bestimmung keine Anwendung finden kann, wo es sich um farbige Angehörige
fremder Kolonieen handelt, die dem Staatsverbande der fremden Kolonialmacht
als Bürger angehören.