170 Bömers, Das Staatsrecht des Fürstenthums Schaumburg-Lippe. § 3.
vom 3. Decbr. 1792 (s. unten) bei der Bewilligung von Steuern, sowie bei Feststellung der Art
und des Maßes der Besteuerung mitzuwirken; das Recht der Begutachtung der zu erlassenden
Landesgesetze und der Einwilligungsertheilung zu denselben, bei einem wesentlichen Einflusse der
Gesetze auf die Landesverfassung; das Recht der Kenntnißnahme von der Verwendung der Landes-
steuern; ferner das Vorschlagsrecht über Gegenstände der Landeswohlfahrt und das Beschwerde-
recht über Mißbräuche und Unregelmäßigkeiten im öffentlichen Dienste. Am 17. März 1848
wurde auf verfassungsmäßigem Wege die Verordnung, betr. Weiterbildung des ständischen Instituts
erlassen, welcher am 6. December 1848 ein Gesetz folgte, nach welchem die Wahl der Abgeord-
neten durch directe Wahl geschehen sollte. Durch Gesetz vom 2. Januar 1849 wurde der Stände-
versammlung das Recht der Anklage gegen Regierungsmitglieder (Ministeranklage) eingeräumt.
Der heutige Landtag beruht im Wesentlichen auf dem Verfassungsgesetze vom 17.
November 1868. In Betreff der äußeren Gestaltung, der Rechtsstellung und der äußeren
Formen des Geschäftslebens desselben, ist Folgendes zu bemerken. Der Landtag besteht
aus 15 Mitgliedern, nämlich aus zwei Vertretern des Domanialgrundbesitzes, welche durch
Landesherrliches Vertrauen berufen werden, aus einem gewählten Vetreter des ritter-
schaftlichen Grundbesitzes, aus einem von den vocirten Predigern des Landes gewählten
Vertreter, aus einem von den eine amtliche Stellung einnehmenden Juristen, Medicinern
und studirten Schulmännern des Landes (einschließlich der zur Praxis zugelassenen An-
wälte, Aerzte und der examinirten Privatlehrer) gewählten Vertreter, aus drei gewählten
Vertretern der Stadtgemeinden und sieben gewählten Vertretern der Aemter. Die Land-
stände haben sich als Vertreter des ganzen Landes zu betrachten; sie haben Anspruch auf
Tagegelder, sie werden auf eine Legislaturperiode von 6 Jahren gewählt. In jedem Jahre
wird ein ordentlicher Landtag abgehalten, außerordentliche Landtage erfolgen auf Anord-
nung des Landesherrn; die Landtagssitzungen sind regelmäßig öffentliche. Der Landtag
entscheidet über die Legitimation seiner Mitglieder und wählt seinen Präsidenten, welcher
das Disciplinarrecht des Collegs über die Mitglieder übt und die Verhandlungen nach
einer Geschäftsordnung leitet. Die Berathung und Beschlußfassung geschieht in der Regel
nach Vorberathung der Angelegenheiten durch Commissionen; beschlußfähig ist der Land-
tag nur bei Anwesenheit von zwei Dritttheilen der Mitglieder; absolute Stimmenmehr-
heit entscheidet. Die Aeußerung wahrer Ueberzeugung in Anträgen und Abstimmungen
ist insofern gesichert, als die Abgeordneten wegen solcher Anträge und Abstimmungen
niemals zur Verantwortung gezogen werden können; ist durch Aeußerungen im Landtage
ein Verbrechen begangen, so ist die strafgerichtliche Verfolgung nur mit Zustimmung des
Landtags zulässig. Majestätsbeleidigungen, Beleidigungen von Mitgliedern des Fürst-
lichen Hauses können ohne jene Zustimmung verfolgt werden, ebenso Privatbeleidigungen.
Das Recht des Landeshern auf Vertagung, Schließung und Auflösung des Landtags ist
bereits oben erwähnt. Der Landtag hat das Recht der entscheidenden Mitwirkung bei
allen Acten der Gesetzgebung, kann auch neue Gesetze beantragen; Nothgesetze sind seiner
nachträglichen Zustimmung unterworfen; er hat das Recht der Mitwirkung bei Festtstel-
lung des Staatshaushalts und die Controle über die Verwaltung der Landesfinanzen;
er hat den jährlichen Finanzvoranschlag zu genehmigen, welcher sodann als Gesetz publi-
cirt wird; er hat das Recht der Vorstellung, resp. Beschwerdeführung über Mißstände
in der Verwaltung bei der Regierung und beim Landesherrn und das Recht der Anklage
gegen verantwortliche Regierungsmitglieder. Für die Zeit, in welcher der Landtag nicht
in Thätigkeit ist, wahrt ein Ausschuß von drei Mitgliedern die Rechte desselben. Die
Vorschriften über die Landtagswahl sind durch Gesetz vom 17. November 1868, mit Nach-
trag vom 24. December 1869 geregelt; zu den Wahlen berechtigt sind die Angehörigen
des Staats, und die Besitzer, resp. Mitbesitzer eines der Rittergüter des Landes, welche das
25. Lebensjahr vollendet haben, nicht unter Curatel stehen, nicht im Concurse sind, ent-
ehrende Strafen nicht erlitten haben, öffentliche Armenunterstützungen nicht empfangen,
auch solche im letzten Jahre vor der Wahl nicht empfangen haben. Wählbar ist jeder