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stellung der Patrimonialrichter, so wie die Amtsertradition
an sie durch königliche Regfrungscommissäre vorgenommen
wird? — Weder in der Beschwerde noch in dem Berichte
des Ausschusses ist ein solches angeführt, und auch ich
kann nicht finden, daß der Buchstabe oder der Geist einer
Bestimmung der Verfassung dadurch verletzt werde.
Man nimmt daher seine Zuflucht zu dem Herkom-
men. Allein vorausgesetzt, sogar die nicht bestehende
Gleichfdrmigkeit der Uebung ist bereits gezeigt worden,
daß die übrigen Merkmale eines rechtlichen Herkommens
fehlen. Ein geehrtes Mitglied vor mir hat sich auf den
136. F. des Edicts VI. Beylage zur Verfassungs-Urkunde
zur Unterstützung der Beschwerde berufen. Auch ich be-
rufe mich darauf, aber zum entgegengesetzten Zwecke. Je-
ner bestimmt, daß die Edicte IV. und VI. mit der Decla-
ration vom 31. Dezember 18006 ausschließend die Normen
für den Rechtsstand des Adels enthalte. Hiernach ist in
diesen Edicten alles in Ansehung gutsherrlicher Gerichts-
barkeit Geltende zusammengefaßt. Man kann auf das
frühere Recht und Herkommen nicht zurückgreifen, sondern
nur das gilt als Recht, was im Buchstaben oder im
Geiste der Edicte liegt.
Daß die Verpflichtung der gutsherrlichen Gerichtsbe-
amten der Regierung nach den Edicten IV. und VI. zu-
stehe, ist unbestritten; aber nach dem Geist beyder Edicte
hat sie auch das Recht, den Beamten vorzustellen, einzu-
weisen uud ihm das Amt zu extradiren. Die M#. 22. —
25. des IV. Edicts sind schon von einem geehrten Mit-
gliede vor mir zum Beweise angeführt worden, und was
von den Gerichtsbeamten der Standesherre gilt, muß auch
von jenen weniger privilegirter Gutsbesitzer, von den Pa-
trimonialrichtern zweyter Classe gelten.
Der F. 26. des VI. Edicts sagt ausdrücklich: „Die guts-
herrliche Gerichtsbarkeit kann nur von der Quelle aller Ge-