Full text: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Erster Band. (1)

84 Die militärische Lage Europas 
reichischen Verkeidigungsflanken möglich gewesen wäre. Erst die Nieder. 
kämpfung der österreichisch-ungarischen Flotte häcte den Italienern ihre Aufgabe 
erleichtert, besonders wenn sie in der Lage waren, den Krieg nach Albanien 
zu tragen und von der Linie Valona—Durazzo aus vorzugeben. 
Die Franzosen 
An der deutsch-französischen Grenze lagen ähnliche Verhältnisse vor, 
die aber mehr durch politische als durch geographische Hindernisse bestimmt 
wurden. Frankreich besaß nicht mehr, wie vor vierundvierzig Jahren, das 
natürliche Aufmarschgebiet Elsaß. Lothringen, wo es 1870 seine Heere zum 
überraschenden Angriff hatte bereitstellen wollen. Micht östlich, sondern 
westlich des Vogesenwalles mußte es jezt den Aufmarsch vollziehen. Doch 
gestattete ihm die ungeheure Stärke der dort im Laufe der Jahre ausgebildeten 
Verteidigungslinie, die Armee um so rascher und gesicherter zu versammeln. 
Die mit allen Mieteln der Kriegskunst befestigte französische Mosel- und 
Maaslinie war eine Militärgrenze, der, abgesehen von der Rheinlinie, nichts 
von ähnlicher Stärke an die Seite gestellt werden konnte. Diese Erwägung 
war ausschlaggebend für die Aufstellung des französischen Feldzugsplanes. 
Im Jahre 1870 war beabsichtigt, die französische Hauptmacht zwischen 
Meg und Straßburg zu versammeln, in rascher Bewegung gegen die Dfalz 
vorzudringen und den Rhein zu überschreiten. Dadurch sollten die süddeutschen 
Streitkräfte von der preußischen Armee abgeschnitten und Süddeutschland 
auch politisch vom Norden getrennt werden. Dieser Feldzugsplan krankte 
an der Wurzel, denn die französische Armee war 1870 in keiner Weise vor- 
bereitet, einen Angriffskrieg zu führen. Vergebens warf man sie ungesäumt 
ins Feld, ohne das Eintreffen der Ergänzungsmannschaften und der Kriegs. 
ausrüstung abzuwarten, sie vermochte den Vormarsch nicht aufzunehmen 
und lag mit den Haupéekräften bei Metz und Straßburg fest, bis der Gegen- 
stoß sie traf. 
Moltke hat das Abrücken der Truppen im immobilen Zustand, wie es 
im Jahre 1870 erfolgte, als eine an sich sehr bedenkliche Maßregel bezeichnet. 
Er sage von ihr, sie habe nur den Zweck haben können, mit den gleich anfangs 
verfügbaren Streitmitteln und so mit augenblicklicher #berlegenheit den 
sich erst entwickelnden Aufmarsch des deulschen Heeres zu überraschen. 
In den großen Krieg ist Frankreich mit einem Operationsplan einge- 
treten, der eine gewisse Abnlichkeit mit dem in der Absicht stecken gebliebenen 
Feldzugsplan von 1870 besigt, aber nur als ein Teil des strategischen Ge- 
samtplanes der Ententemächte erscheint. Wieder glaubte man die Armee 
zu einem gewaltigen Angriffsunternehmen zwischen Belfort und der belgi- 
schen Grenze versammeln zu können, wenn auch diesmal nicht östlich, sondern
	        
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