Full text: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Erster Band. (1)

Osterreicher und Ungarn 97 
und Frankreichs linke Flanke, sondern auch England deckte. Dazu war das 
belgische Festungssystem nach seiner ganzen Anlage und Anordnung in der 
Tat vorzüglich geeignet, obgleich es als allseitig stirnbietendes Dreieck Ant.- 
werpen — Namur — Luüttich zum Schutz eines neutralen Candes errichtet 
worden war. 
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So ergibt sich auf dem westlichen Kriegstheater eine Rampenstellung 
von Belfort bis Lüttich, hinter der die französisch-englisch-belgischen Heere 
ihren Aufmarsch vollzogen, um je nach den Umständen zu handeln, in jedem 
Falle aber angriffsweise, sei es im Süden aus der Grundstellung, sei es im 
Norden durch Begegnung, zu verfahren und dem deutschen Heere vielleicht 
den ersten Schrikt, aber nicht mehr zu überlassen. 
Österreicher und Ungarn 
Die Grundzüge des Kriegsplanes, der den umringten Mittelmächten 
Erfolge versprach, waren nach Lage der Dinge durch die Verhältnisse bis 
zu einem gewissen Grade vorgezeichnet. Gemeinsame Dberlegungen hatten die 
Heeresleitungen Deutschlands und ÖOsterreich-Ungarns bazu geführt, einen 
Feldzugplan zu entwerfen, der die österreichischen und ungarischen Streit. 
kräfte mit der Hauptmacht gegen Rußland, die deutschen gegen Frankreich in 
Bewegung sehte. Osterreich-Ungarn übernahm damit in gewissem Umfang 
und für eine nach den Umständen zu bemessende Frist eine Rückendeckung 
Deutschlands gegen Osten, die zugleich das Verfahren auf dem östlichen 
Kriegsschauplatz bestimmte. 
Eine halbamtliche Mitteilung der k. u. k. Heeresleitung hat im April 
1915 die Zahlenverhältuisse dargelege, unter deren Einfluß die Eröffnung 
des Feldzuges gegen Rußland stand. Man schätzte Rußlands Wehrmacht 
auf 79 Infanterie- und Schühendivisionen erster Linie und 35 Aeserve- 
divisionen, wovon 100 gegen Westen verwendet werden konnten. Außerdem 
waren 40 Divisionen brauchbarer Reichswehr zu berechnen. 
Bei der räumlichen Ausdehnung des russischen Reiches mochte be- 
trächtliche Zeit vergehen, bis diese ganze gewaltige Macht an den russischen 
Westgrenzen verfügbar wurde; mit 80 Divisionen erster und zweiter Linie 
mußte jedoch das Machtgebot unbedingt eingeschätzt werden, das dank der 
Anhäufung von Truppen in Westrußland innerhalb der ersten Phase des 
Krieges schlagbereit sein konnte. 
Durfte angenommen werden, daß die deutschen Kräfte in Ostpreußen 
und Schlesien — einschließlich LCandwehr — etwa 15 Oivisionen stark waren 
und 20 des Feindes zu binden vermochten, so blieben 60 Diovisionen frei. 
Stegemenne Geschichte det Krieges. 1. 7
	        
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