Vorwort XIII
Mitarbeit einzustellen, um mich der freiwillig übernommenen Aufgabe ganz
zu widmen. Die Betrachtungen erschienen zuerst unter wechselnden Titeln; seit
dem 10. August 1914 werden sie unter der Bezeichnung „Jur Kriegslage“
veröffentlicht. Anfangs geschah das ohne Angabe des WVerfassers, seit dem
16. Dezember 1914 unter Beifügung der Initialen. Die Aufsätze fanden
einen sehr großen Leserkreis. Aus diesem liefen bald zahlreiche Anfragen
ein, ob die Arkikel nicht gesammelt und gesondert zu haben seien. Dann
erhielt der Verfasser von verschiedenen Seiten die Aufforderung, eine Ge-
schichte des Krieges zu schreiben, zu welcher die Borarbeit ja bereits in
Gestalt dieser Betrachtungen geleistet werde. Nach langen Kämpfen, die
wesentlich von der Erkenntnis getragen waren, daß diese Aufgabe die Kräfte
eines Stärkeren aufzehren und daß ich mein Leben und Schaffen in eine neue
Richtung lenken müßte, entschloß ich mich, dem Rufe Folge zu leisten. Ich
fühlte, wie mich die Aufgabe unwiderstehlich lockte. Zugleich gehorchte ich
der moralischen Verpflichtung, die ich mir aufgeladen hatte, als ich daran-
gegangen war, die kriegerischen Ereignisse im Augenblick des geschichtlichen
Geschehens aufzuzeichnen, am Kartentisch zu verfolgen und ohne WVorein=
genommenheit und Parteinahme nach bestem Wissen sachlich darzustellen
und auszulegen. In welchem Maße der Gestaltungstrieb, in welchem AUm-
fang die Leidenschaft für das Wesen der Kriegskunst und die brennende
Teilnahme an der geschichtlichen Enewicklung diesen Entschluß bestimmt
haben, wage ich nicht zu entscheiden. Es steht mir aber unwerrückbar fest,
daß ich einem wissenschaftlichen Interesse dienstbar geworden bin.
als ich diese Aufgabe übernahm.
Bedarf es einer Erllärung, daß ein Schrifesteller sich erkühnt, eine
Geschichte des europäischen Krieges zu schreiben, der bisher nur als Oichter
bekannt geworden ist, nachdem er sein Fachstudium dem journalistischen
Beruf geopfert hat? In romanischen Landen wäre das weniger notwendig
als in germanischen, aber ich will immerhin darauf hinweisen, daß ich seit
25 Jahren als historisch politischer Schrifesteller tätig gewesen bin und der
Dichtung nur die Stunden der Selbsteinkehr und der Muße schenken konnte,
und ich behaupte, daß der Anreiz, den Krieg setzt schon in seinen Zusammen.
bängen zu erfassen und die Feldzüge ins Klare zu stellen und zu ergründen,
bevor die operativen Anweisungen sich in den Archiven der Generalstäbe
als ungeheure, jeder Sichtung spottende Materie niedergeschlagen haben, ein
eminent künstlerischer ist.
Heute ist der Geschichtschreiber auf die täglichen Veröffentlichungen
der Heeresleitungen, auf zufällig aufgefundene Befehle, auf Feldpostbriefe,
Verlustlisten und das Studium der Karte angewiesen, wozu das Miterleben
tritt, dessen feine Ausstrahlungen nicht unterschätzt werden dürfen. Tro9#
dieser verschiedenen, ungleichmäßig fließenden Quellen ist es möglich, den
Krieg in seinen Zusammenhängen zu erforschen und zu belauschen, wenn