Full text: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Erster Band. (1)

134 Der Feldzug im Westen bis zum 15. September 1914 
der 3., 4. und 5. französischen Armee und des britischen Feldheeres, die 
sich eben erst mühsam zurechtschoben, um den Vormarsch anzutreten. Die 
Niederlage Castelnaus und Dubails machte nicht nur die Umfassung der 
deueschen Angriffsarmeen vom Oberrhein her zuschanden, sondern nahm 
auch dem englisch-französischen Gegenangriff in Belgien von vornherein 
die Kraft. In Daris war man sich der Unsicherheit der strategischen Lage 
schon vor dem 20. August bewußt geworden und hatte Schriftfunken nach 
Detersburg gejagt, um dringend rasches Eingreifen der Russen zu fordern. 
In der Tat war der russische Aufmarsch schon so weit gediehen, daß zwei 
Armeen sich gegen die preußische Grenze in Bewegung setzen konnten. Am 
20. August kam es im Osten zu dem Treffen bei Gumbinnen, in dem die 
schwache deutsche Ostarmee der russischen 1. Armee in ungleichem Kampfe 
gegenübertrat und deren Vormarsch auf der Rominter Heide zu lähmen 
suchte. Da um diese Zeit auch die 2. russische Armee in Bewegung gekommen 
war und auf den Straßen von Warschau und Pultusk gegen die Südgrenze 
Ostpreußens heranrückte, erwuchs den Deutschen im Osten eine schwere 
strategische Bedrohung. Sie waren vor die Frage gestellt, ob sie diese 
über die Fluren Ostpreußens niedergehen lassen oder ihr frische Kräfte 
entgegenwerfen sollten. Die Frage rührte an den Grundplan des Feld- 
zuges, der im Westen angriffsweise geführk wurde. Dieser Angriff war 
im Schuß und brach sich gleich einer Lawine Bahn, obwohl er nun die erste 
innere Hemmung erfuhr. Ehe sie wirksam wurde, prallten die Massen auf- 
einander. 
Das strategische Gebäude der belgisch-englisch-französischen Heeres- 
leitung war schon am 20. August so unterhöhlt, daß es zwei Tage darauf 
unter den Schlägen der deutschen Angriffsarmeen vollends zusammenbrach. 
Die Belagerung von Namur 
Bevor die russische Heeresleitung, deren Hauptmacht bereits zum großen 
Waffengang mit dem Nordbeere Osterreich--Ungarns in Holen und Galizien 
bereitstand, die 1. und 2. Armee zu einheitlichem Wirken in Bewegung 
sesen konnte, fielen in Belgien die ersten großen Schläge. Am 20. August 
brach die Armee Kluck durch die Lücke zwischen Gette und Maas und rann als 
grauer Strom durch Brüssel nach Westen, indem sie die bei Pervez und 
Gembloux geschlagene 5. französische Reiterdivision vor sich herscheuchte. 
Die 2. Armee folgte links anschließend und umschloß zugleich das feste A#amur, 
das von der 4. belgischen Felddivision und einigen rasch hineingeworfenen 
französischen Bataillonen verteidigt wurde. 
Schon am 20. August donnerten zwischen Sambre und Maas die Be- 
lagerungsgeschüßze, die der Infanterie hier die blucige Arbeit von Lüteich
	        
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