Full text: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Erster Band. (1)

178 Der Feldzug im Westen bis zum 15. September 1914 
das VII. Korps, die 45. Liniendivision, die 55. und 56. Reservedivision und 
drei Kavalleriedivisionen und trat als 6. Armee an den äupersten linken 
Flügel der englisch-französischen Front. Die Engländer waren also endlich 
vom Enescheidungsflügel weggenommen und gewissermaßen ins zweite 
Treffen verwiesen worden. 
Obwohl diese Armeen schon am 4. September vom Feinde gelöst und 
zu gemeinsamem Handeln fähig waren, zögerte der französische Feldherr 
noch, den Befehl zur Annahme der Schlacht zu geben. Er kannte das Wagnis, 
das damit verbunden war, und dachte daran, das Becken der Marne voll. 
ständig preiszugeben, um über die Seine und, wenn es sein mußte, bis zu der 
Hochfläche von Langres und den Morvanbergen zurückzugehen. Bielleicht 
war das sogar der Lieblingsgedanke dieses vorsichtig wägenden Mannes, 
der so viele Züge mit Marschall Daun, dem größten Gegner Friedrichs des 
Großen, gemein hat. Ein Rückzug in eine Reduitstellung hatte viel Ver- 
lockendes, und wie es scheint, ist damals sogar erwogen worden, Verdun 
sich selbst zu überlassen und auch die 2. und 1. Armee zurückzunehmen, um 
die Deueschen zwischen Paris und den Morvanbergen einzuklemmen und 
zu einer Schlacht mit verwandter Front zu zwingen oder zu fesseln, bis sich 
die Flankenbedrohung des von seiner Grundstellung abgerissenen Heere 
von Daris her erdrückend geltend machte. Den englischen Interessen diente 
dieser Plan freilich mitnichten, und England wies daher vermutlich nach- 
drüücklich darauf hin, daß man vor einer solchen Retirade noch einmal 
schlagen müsse. 
Oa vollführte die deutsche Flügelarmee plößlich eine Bewegung, die allen 
Zweifeln ein Ende bereitete, Joffre zum Kampfe einlud und ihm die lang 
gesuchte strategische Aberlegenheit in die Hand Suielte. Eine Neubildung 
der Lage kündigte sich an. 
Joffres Entschluß zu schlagen 
Am 4. September erhielt der französische Feldherr die Meldung, daß 
die 1. deutsche Armee südlich von Crépy nach Südosten abschwenke und 
ARichtung auf den Ourcq und La Ferté-sous-Jouarre nehme, also am Be- 
festigungs gürtel von Paris vorüberziehe und die Hauptstadt rechts liegen 
lasse. Gleichzeitig kraf im französischen Hauptquartier der Bericht vom 
Vordringen der 2. Armee auf Monmirail ein. « 
Von der 3. Armee wußte man im französischen Hauptquartier, daß 
sie noch im Raume Chãlons hing, mit der 4. und 5. Armee waren noch 
Kämpfe im Gang, die der französischen Heeresleitung keine Besorgnis 
einflößten, da ihr genügend Kräfte zur Verfügung standen, flankierend zu 
wirken. Die Schwenkung Klucks, der sich von selbst einwärts wandte und
	        
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