8 Aus der Vorgeschichte des Krieges
verlegzlichkeit seines Heimgebietes und seines Systems von Herrschaftsgebieten
und Tochterstaaten verbürgte, in eine neue Phase. Dann mündete der Konflikt,
den das Inselreich mit dem Spanien Dhilipps II., dem Frankreich Lud.-
wigs XIV. und Ludwigs XV., mie den Miederlanden, mit der Universal.
monarchie Napoleons I. und dem Rußland Nikolaus’ I. ausgekämpft hatte,
in einen Welekrieg mit Deutschland.
Die Gefahr dieses Interessengegensatzes ergab sich aus den Verhältnissen.
War Deutschland zu spät zur Machtfülle gekommen, um Machtpolitik zu
treiben, ohne in die Inceressensphären der früher zur nationalen Einheit und
Größe gelangten Weltmächte einzugreifen, so mußte es doch darauf bedacht
sein, eine gewisse Seegeltung zu erringen, um seiner Handelsflagge die nötige
Achtung zu sichern und Siedlungsgebiet jenseits der Meere zu erwerben.
Unterließ es das, so geriet es in Gefahr, ins Leere zu bauen und seine Kraft
zu vergeuden. So trieb die welt wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands
das Reich auch zu weltpolitischer Betätigung. Die Betätigung führte
zur Schaffung einer Seemacht, die zur Seegeltung notwendig erschien. Das
Ausmaß blieb zu bestimmen.
Anfangs hielten sich diese Rüstungen in bescheidenen Grenzen, als sie
um die Jahrhundertwende mit wachsendem Eifer gefördert wurden und man
den Bau einer großen Schlachtflotte in Angriff nahm, begannen sich die
Engländer mit Sorgen und Argwohn zu tragen. England wurde vor eine Ver-
änderung seiner Seeverhältnisse gestellt, die es zu ungeheuren Wertrüstungen
trieben, wenn es seinen alten Anspruch auf die Beherrschung der Meere
aufrechterhalten wollte.
Da die englische Staakskunst glaubte, daß die britische Flotte nicht nur
die AUnverleglichkeit des Inselreiches, sondern auch die Herrschaft über die
Wogen des Weltmeeres verbürgen müsse, weil das britische Weltreich ohne
die Beherrschung der See gefährdet schien, war Großbritcannien durch den
Eintritt Deutschlands in die Reihe der großen Seemächte zu einer neuen
Richtungnahme seiner Machtpolitik gezwungen. Albion wurde aus der
glänzenden Einsamkeit, die ihm seit vierzig Jahren die Freiheit des Handelns
gegenüber jeder einzelnen Festlandsmacht und der Gesamtheit der euro-
päischen Staaten gesichert hatte, wieder zu einer bestimmten Stellungnahme
gegenüber den Gruppierungen auf dem Festland veranlaßt. In früheren
Epochen hatte es daraus die Folgerung im Sinne des Abergangs zur Koa-
litionspolitik gezogen. Auf diese Bahn trat es auch diesmal. Noch stand
ihm die Wahl frei, einen Genossen zu suchen, noch konnte der Versuch gemacht
werden, mit dem mächtigsten der Festlandstaaten, dem frisch in die Zukunse
strebenden Deutschen MReich, sich zu verständigen, aber der britische Seaatssinn
war gegenüber diesem Gedanken von vornherein skeptisch, ging mißtrauisch
an ihn heran und konnte sich ihn nicht voll zu eigen machen. England hatte
sich nie auf ein Bündnis mit dem Stärksten eingelassen, sondern war stes auf