Full text: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Erster Band. (1)

Die Schlacht bei Tannenberg 245 
wurde und die Mitte und der rechte Flügel, ohne Widerstand zu finden, im 
Gorrücken blieben, ergab sich am 26. August eine Halblinksschwenkung der 
russischen Front. Es war ein glühendheißer Spätsommertag, und schwül 
brannte die Nachmittagssonne, als die Ostpreußen bei Usdau zum allgemeinen 
Angriff schricten und, die Russen — 1. Korps gegen I. Korps — überflügelnd, 
die Schlacht eröffneten. Zugleich mit diesem Angriff begann sich das erste 
strategische Ergebnis abzuzeichnen. General v. Hindenburg erreichte durch 
den Druck auf die russische Linke, daß Samsonows Front nach Westen gedreht 
wurde und seine Mitte zwischen Gilgenburg und Hohenstein in das Quellgebiet 
der Drewenz, Skoktau, Passarge, Alle und des Omulew geriet. 
Zwar brachte jeder Schritt nach vorwärts die Russen scheinbar aus 
diesem Labyrineh von unzähligen Seen und Wasserläufen wieder heraus 
auf die Höhen des ostpreußischen Landrückens, dadurch aber das ungangbare 
Gelände in den Rücken des russischen Zentrums, das nun am 26. August 
von Usdau bis Sophiental in schwere Kämpfe verwickelt wurde. 
Die Schlachthandlung hatte also ihre Krisis errescht, ehe der russische 
Feldherr sich recht bewußt wurde, daß sie entbrannt war. Er verlegte 
gerade in diesem Augenblick sein Hauptquartier nach Allenstein und nahm 
von der Generalkommandantur des XX. Armeekorps Besig. 
Wo war miun sein rechtes Seitenkorps geblieben? Das VI. russische 
Korps hatte seinen Vormarsch nach Norden ungestört fortgeseczt. Dadurch 
war die engere Verbindung des rechten Flügels mit der Hauptmacht verloren 
gegangen. Nur von einer Kavalleriedivision begleitet, zog das VI. Korps 
allein des Weges, durchschritt Bischofsburg und gelangte am 26. August auf 
die Höhe von Lautern und an die große Bahnlinie, die als der Lebensnerv 
der deutschen Verteidigung angesehen wurde. Auch diese Bewegung spiegelte 
dem russischen Feldherrn einen Erfolg vor. Sein rechtes Flügelkorps schien 
mun in der Lage zu sein, entweder über Rössel und Korschen die Verbindung 
mit der Armee Nennenkampf herzustellen oder nach Westen einzuschwenken 
und den Deutschen in den Rücken zu fallen. 
General Samsonow nahm daher den Kampf zwischen Lautenburg und 
Hohenstein mit voller Zuversicht auf. Während er sein I. Korps anwies, 
sich des Angriffs nördlich von Hautenburg zu erwehren, sete er starte Kräfte 
auf Hohenstein an, um hier auf Osterode durchzubrechen. Er arbeitete dem 
Gegner in die Hand. 
General v. Hindenburg versagte seine Mitte. Sie war nur so stark, 
daß sie dem feindlichen Ansturm, wenn nötig, eine Schranke setzen konnte, 
und stemmte sich jetzt, nachdem das XX. Korps kämpfend auf die Landwehr 
zurückgegangen war, zwischen Gilgenburg und Hohenstein fest. Hier war 
die schwere Artillerie in prächtigen Stellungen aufgefahren und zerschlug 
alle Angriffe der Russen, die in Mossen den Ourchbruch zu erzwingen suchten, 
Das XX. Korps stand am 26. und 27. August in wildestem Kampfe bei
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.