Die Schlacht an den masurischen Seen 259
brachte. Als am 10. September Rennenkampfs Nückzugsbefehl eintraf,
war die Verstrickung so eng, daß die Russen sich nur mit großen Opfern
freimachen und in der Michtung auf Insterburg enteilen konnten.
Am 12. September focht das I. Reservekorps schon mit der 72. In-
fanteriebrigade bei Tutschen und Groß-Tullen nordsstlich von Gumbinnen,
und am 13. September schlug General v. Below sein Hauptquartier bereiks
in Willuhnen, nordwesslich von Schirwindt, dicht an der russischen Grenze auf.
Oie Königsberger Hauptreserve hatte bis zum 10. September bei Labiau
und Tapiau an der Deime gefochten. Als auch hier der Rückzug der Russen
begann, bekam sie den abziehenden Feind am 12. September noch einmal
bei DTilsit zu fassen. Die russische Besatzung von Tilsit hatte gegen Norden
Front gemacht, um die von dem See her erwarteten Flankenunternehmungen
abzuwehren, und fühlte sich nun im Rücken gepackt. Nach kurzem Wider-
stand flüchtete alles, was nicht die Waffen streckte, aus der Stadt, die drei
Wochen russisches Regiment ertragen hatte. In Auflösung eilte die Armee
Mennenkampf über Insterburg—Gumbinnen und Tilsie der Grenze zu. Von
Infanterie, Artillerie und Kavallerie verfolgt, erreichte sie unter fortgesetzten
Kämpfen und WVerlusten das rettende Kowno, Auf dem Schlachtfeld und
auf der Frucht fielen 30000 Gefangene und 150 Geschücze in die Hände
der Sieger; die blutigen Werluste lassen sich auf 40000 Mann schägten.
Während der letzten Berzweiflungskämpfe des umfaßten russischen
Rlügels, der zwischen den Seen, der Rominte und der Angerapp erdrückt
wurde, versuchte die Grodnoer Reservearmee immer wieder Enesaß zu bringen
und bei Lyck und Marggrabowa in den Rücken der deutschen Armee einzu-
brechen. Am 11. September erneuerte der tatkräftige Führer dieser russischen
Kampfgruppe seine Angriffe mit verstärkter Wucht. Die 3. Reservedivision
v. Morgen und die Landwehrdivision v. d. Goltz sahen sich genötigt, das
leczte Gewehr in die Feuerlinie zu bringen, um dem Andrang zu wehren.
Die Russen griffen todesmutig an, waren aber troth ihrer Aberzahl dem in
jeder Beziehung höherstehenden Gegner nicht gewachsen. Gewitter zogen
lüber die Wälder, schwere Regengüsse gingen nieder: Nebel verdeckten die
Aussicht und machten die Tätigkeit der Flieger zunichte. Der preußischen
Landwehr ging das Wasser in den Schützengräben bis über die Knie, doch
bielt sie unerschütterlich aus. In der leczten Not wurde die Feste Boyen bei
Lötzen um Unterstücung ersucht. Ein paar Besatungskompagnien war alles,
was dort aufgeboten werden konnte. Als der Pfiff der Lokomotive ertönte,
die diese schwache Unterstücung heranbrachte, brachen die Russen den Kampf
ab. Feuernd gingen sie am 13. September auf Ossowiez und Suwallki zurück.
Ihr Flankenstoß war abgewehrt und zudem gegenstandslos geworden,
denn die Hauptmasse der Rjemenarmee wälzte sich schon flüchtend über
Gumbinnen und Tilsie nach Kowno und Wilna. ODie Bobr. und Rjemen-
festungen öffneten ihre. Tore und nahmen die geschlagenen Truppen auf.