Zu den englischebelgischen Besprechungen 385
divisionen und 8 Kavalleriebrigaden, die aufs Fesiland geworfen werden sollen,
und erklären, daß das Inselreich trog dieser Expedition durch genügend andere
Kräfte verteidigt werde. Alles sei bereit. Als Landungspunkte kommen nunmehr
allem Anschein nach nicht nur die französischen Häfen, sondern auch die belgische
Küste von Zeebrügge bis Ostende in Betracht. Wichtig ist, daß Oberstleutnant
Bridges, Varnadistons Nachfolger, jetzt auf den Einwand des Nachfolgers
Oucarnes, daß die Engländer nicht ohne belgische Einwilligung in Belgien landen
können, antwortet, England würde anläßlich der letzten Ereignisse — es hanudelte
sich um die Schlußphase des Marokkohandels — seine Truppen auch ohne aus.
drückliche Erlaubnis der Belgier gelandet haben, da die Belgier nicht imstande
gewesen wären, den Durchmarsch der Deutschen zu verhindern. Oer
belgische General weist auch diese Bemerkung zurick, muß aber diese Erklärung der
Engländer zu den Akten nehmen und hat zweifellos auch erkannt, daß sich dabinter
das Verlangen nach einer belgischen Heeresverstärkung verbarg.
Hier kommt uns ein Schriftestück der „Belgischen Dokumente“ gut zu Hilfe.
Auch Varon Beyens, der Nachsolger Greindls, hat die Gefahren erkannt, die
aus diesen militärischen Besprechungen stlossen. Am 24. April 1914, also lurz
vor dem Ausbruch des großen Krieges, schreibt er, wie aus Nr. 43 der „Belgischen
Ookmente“ hervorgeht:
.. Pour nous, la question la plus intéressante qdue se pose à I’occasion
de la visite des Souverains de la Grande-Bretagne est celle de savoir si le
Gouvernement britannique serait aujourd’hui aussi enclin qu'il y a trois
eans à se ranger du Cöté de la France, dans le cas d’un Conflit de cette derniere
avec I’Allemagne. Nous avons eu la preuve qu’une coopération de larmée
anglaise et Ienvoi d’un corps expéditionnaire sur le continent avaient
Eté envisages por les autorités militaires des deux pays. En serait-il encor9
de méme aujourd’hui et aurions nous toujours à Ientrée en Belgique de
soldats anglais pour nous aider à défendre notre neutralité en
commencant par la Ccompromettte?“
Hier ist scharfsinnig ausgeführt, daß für Belgien die interessanteste Frage, die
anläßlich des Besuches des englischen Herrscherpaares aufzuwerfen ist, die sei, zu
wissen, ob die britische Regierung heute ebenso wie vor drei Jahren geneigt wäre,
im Falle eines Konfliktes Frankreichs mit Deutschland an dessen Seite zu treten.
Beyens sagt in Erinnerung der Verhandlungen Barnadiston-Ducarne und
Bridges-Jungbluth, die also der Regierung und ihren Diplomaten vollständig
vertraut und gegenwärtig waren: „Wir hatten den Beweis dafür, daß die Mit-
wirkung der englischen Armee und die Entsendung eines Expeditions-.
korps auf den Koncinent von den Militärbehörden beider Länder ins Auge gefaßt
worden war. Würde es heute noch ebenso sein und müßten wir immer noch be.
fürchten, daß englische Soldaten in Belgien einmarschieren, um uns
in der Verteidigung unserer Neutralität dadurch beizustehen, daß
sie diese von vornherein kompromittieren?“
Diese Fragestellung weist auf die inzwischen erfolgte Anderung der militäri-
schen Verhälenisse, nämlich auf die Durchführung der belgischen Heeresreform,
zurück. Beyens scheint der Hoffnung Raum geben zu wollen, daß dadurch die
Landung der Engländer in Belgien vermieden werde. Wir werden später sehen,
Stegemonns Geschichte dens Krieges. 1. 25