Full text: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Erster Band. (1)

386 Anhang zur militärischen Lage Europas 
ob sich dafür Anhalespunkte finden lassen und wo Englands eigenstes Interesse 
in dieser Frage lag. 
Oie Besprechungen, welche von englischen und belgischen Militärs seit dem 
Jahre 1906 gepflogen worden waren, hatten, wie die belgische Regierung später 
behauptete, nur theoretischen Charakter, aber doch wohl nur in dem Sinne, daß 
es sich einzig um eine gegenseitige Fühlungnahme und Werständigung, nicht aber 
um die Unterfertigung eines Vertrages oder einer militärischen Konvention handelte. 
Sie waren auf Studien gegründet, die zu einem völligen Austousch militärischer 
Gebeimnisse führten und den belgischen Generalstab der strategischen Handlungs. 
freiheit beraubeen. Wenn man weiß, daß sogar zwischen Frankreich und England 
eine akademische Behandlung einer allfälligen militärischen Kooperation genügte, 
um spöterhin den gemeinsamen Feldzug sccherzustellen, so darf man wohl sagen, 
daß die englisch-belgischen Besprechungen trotz des ihnen anhaftenden Mangels 
einer Bindung nicht gering eingeschätt werden dürfen. 
Allerdings erhebt sich die Frage, warum England zu Beginn des Krieges 
dann nicht mit größeren Streitkräften aufterat und stakt in Zeebrügge und Ostende 
(vergleiche Bridges Dußerung und Jungbluehs Mitteilung) oder unter Verletzung 
der bolländischen Neutralität in Antwerpen zu landen, den Aufmarsch, von den 
französischen Nordhäfen ausgehend, bei Maubeuge vollzog. Diese Frage ist 
sogar zum Gegenstand einer Anklageschrife geworden, die am 24. September 1915 
in Faksimile in der amerikanischen Zeikung „Evening Mail“ erschienen ist. Der 
anonyme Verfasser neunt sich „Soldat belge blessé“ und wendet sich unmittelbar 
an das englische Parlamene. Die Groschüre soll den Lords und den Gemeinen 
auf den Tisch geslogen sein. Aus ihrem Inhalt sei folgendes angeführt: 
„ Depuis Algésiras et I’année r000, les armées d’Augleterre et de 
Belgique s'Etaient concert#es au sujet d’une défense Commune en cas d’une 
invasion allemande en Belgique. Les états-major des deux armées avaient 
délibéré sur les problemes et les plans relatifs à cette éventunlité. On promit 
à la Belgique I’envoi, à Anvers, de 160,000 soldats anglais, qui s'y joindraient 
à 250, ooo Belges. Cbaque olfeier anglais due j'’ai rencontré — et j'ai parlé 
beaucoup d’entre euf — m'a toujours dit qdue le corps expèditionnaire 
anglais Ektait constamment prét à se porter à Anvers à la premiere alerte. 
Un ollicier anglais. géndral bien en vue. m’a dit que. dans le oours de la première 
semaine apres la déclaration de la guerre, au moins 100,Ooo hommes de troupes 
auglaises seraicnt débarqués sur nos quais et qdue le reste suivrait en quelques 
joufs odu quelques heures. Tout à coup la crise se produisit. L'ennemi envabit 
la Belgique. L’armée belge lutta pour sa vie, pour la libertée de son pays, 
pour défendre les remparts des forts de Liege, de Jamur et d'Anvess. 
Pourquoi w’obtint-elle aucun secoums de ses Ccamarades anglais? Pourquci 
donc pas un seul de ses fameu régiments anglais ne vint-il en Belgiquc con- 
Ccourir au moins à la délsense d'’Anvers?“ 
Der WVerfasser stüct sich auf das im englischen Weißbuch Nr. 155 veröffenk- 
lichte Telegramm Greys an Villiers, worin die Weisung erteilt ist, der belgischen 
Regierung;: .D il pressure is applied to them by Germany to induce them to 
depart from neutrality . .“ zu sagen, daß die Negierung Seiner Mgojestät 
des Königs sich Frankreich und Rußland zur gemeinsamen Aktion anschließen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.