Full text: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Erster Band. (1)

80 Die militärische Lage Europas 
rester Frieden eine Ausfallstellung geschaffen und zwischen Tutrakan und 
Oobric einen breiten Heerweg geöffnet, der unmittelbar ins Herz Bul. 
gariens und nach Adrianopel führte. In jedem Falle aber galt es, die Donau- 
flanke und die brückenkopfartige Dobrudschastellung gegen eine Bedrohung 
von Wulgarien her zu sichern, denn diese konnte den rumänischen Feldzug 
schon zu Beginn um den Erfolg betrügen und das 600 000 Mann starke 
Rumänenheer hindern, mit versammelten Kräften zu schlagen. Als Ru- 
mänien am 27. August 1916 an der Seite der Entente in den Krieg eintrat, 
glaubte es die Entscheidung zugunsten des Vierverbandes in den Händen 
zu tragen. AUm diese Zeit hatte sich das militärische Schicksal des benach- 
barten Serbiens bereits erfüllt, aber die rumänischen Strategen hatten niches 
daraus gelernt. 
Bulgaren und Türken 
Wesentlich günstiger als die Lage Rumäniens war die der Bulgaren, 
die im Anschluß an die Mittelmächte militärische Bewegungsfreiheit fanden, 
um gegen Serbien und gegen Rumänien zu Felde zu ziehen. Sie waren 
sogar imstande, gegen zwei Fronten zu kämpfen und sich in Mazedonien einer 
von der Grundlinie Kavalla—Saloniki ausgehenden Bedrohung zu er- 
wehren, da die Türkei ihnen Rückenfreiheit sichern konnte. Sobald Serbien 
einem allgemeinen, von dem Amfang zur Mitte zielenden Angriff der Mittel- 
mächte und Bulgariene erlag, ohne daß es den Westmächten glückte, recht. 
zeitig in Mazedonien und Albanien zu landen, war Bulgarien der Gefahr 
einer Einkreisung entronnen. Die Herstellung der Verbindung zwischen der 
Türkei und Deutschland, die Beherrschung der Linie Berlin—Belgrad— 
Sofia—Konstantinopel war für die Zeneralmächte und ihre Verbündeten 
eines der Haupterfordernisse strategischen Gedeihens. Die bulgarische Armee, 
die in zwei Kriegen erprobt worden war und ihre Fahnen im Gefühle un. 
gesättigter Rache eingerollt hatte, war ein gefährlicher Gegner, doppelt 
gefährlich, wenn sie auf eigenem Boden kämpfte und die Volkskrafe Maze- 
doniens in ihre ODienste stellen konnte. In der Stärke von 12 Oivisionen 
und reichlich mit Artillerie versehen, bildete sie eine Kraftgruppe, deren 
Gewi,cht durch die Verwendung auf den inneren Oinien rasch zur Geltung 
kommen und durch Zuzug deutscher, österreichisch-ungarischer und krürkischer 
DTruppen bedeutsam vermehrt werden konnte. 
Ihr alter Gegner, die türkische Armee, hatte die Lehren des Balkan- 
krieges beherzigt und eine Erneuerung an Leib und Seele erfahren. Als sie 
im europäischen Kriege zum Kampf aufgerufen wurde, befand sie sich zwar 
noch in der AUmbildung, war aber, was Ourchbildung des Offizierkorps 
und Mannschaftsersag betrifft, erheblich kriegstüchtiger als im Jahre 1913. 
Nur die Ausrüstung ließ zu wünschen übrig und reichte nicht hin, die Volks.
	        
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