Full text: Hindenburg, Erzberger, Kapp

wie es um Helfferichs Sache stünde. Laut antwortete Erz- 
berger: „Derr wird verknackt, fertig!“ Heute sind. 
wir ein paar Wochen weiter. Heute fühlen sich alle drei 
Mehrheitsparteien von Erzberger schmählich getäuscht. Und 
er selber ist gar nicht mehr laut. Mit „umflorter“ Stimme 
macht er in Sentimentalität, appelliert er an die Tränendrüsen 
der Welt, er, der zersorgte Familienvater, der auf Geheiß des 
Arztes die Seinen vor Siechtum und Sterben nur dadurch 
habe bewahren können, daß sie acht Monate „Höhenluft“ in 
der Schweiz genossen. In der Schweiz — auch schon viel- 
leicht in Oberbayern — gibt es sehr viel Orte mit Höhenluft. 
Neugierige könnten nun fragen, ob für die Schwiegertochter 
des Gemeindepflegers von Buttenhausen der Arzt wirklich 
ausgerechnet in dem teuersten Sportplatz der Schweiz den 
teuersten Luxusgasthof und darin eine ganze Flucht von 
Zimmern verordnet hat. In derselben Zeit, in der Erzberger 
in der Nationalversammlung für jeden einzelnen Deutschen 
das Sparen als eine sittliche Pflicht erklärte, lebte seine 
Familie in St. Moritz in dem Suwretta-Hotel der Pfund- 
Millionäre. Wovon sie lebte, verschweigt der wackere 
Familienvater. Er habe ihr „nur“ 4000 Franken, das sind 
nach heutigen Begriffen rund 60 000 Mark, überwiesen; aber 
wieviel er von seinem offenen Hredit bei einem Schweizer 
Bankier in Anspruch genommen hat, sagt er nicht. #ber 
seine Kapitalverschiebungen — zu religiösen Zwecken, immer 
zu religiösen Zwecken — wird heute weiterverhandelt, dann 
über die Petroleumaffäre, über den 30-Millionen-Effekten- 
Pumnp des Reiches bei seinem Geschäftsfreunde Wolff in Köln 
und anderes mehr, ohne daß es zur völligen Klärung kommt. 
Aber man hält nachgerade alles für möglich. Wird doch 
heute, was selbst ich bisher nie glauben wollte, von einem 
zweiten Zeugen beschworen, daß auch er den von Erzberger 
unterschriebenen Paß für das „Mitglied der deutschen 
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