Die Lügen stehen auf.
26. Februar.
Am jüngsten Gericht sollen wir von jedem unnützen
Worte Rechenschaft ablegen. Das ist vielleicht das Härteste,
Furchtbarste, was in der Bibel steht. Eine Ahnung von dieser
Verantwortung zittert in uns auf, wo heute — und das nur
vor einer preußischen Strafkammer — längst begrabene
Worte Erzbergers sich gegen ihn erheben und ihn erwürgen.
Einige dieser Worte, so die Mitteilung an seine Fraktion
1916, Bethmann Hollweg ziehe die Helfferichschen Steuer-
vorlagen zurück, waren glatte Lügen. Das kann man jetzt
wohl ruhig sagen, wo die beschworenen Aussagen einer Reihe
von unbescholtenen Staatsmännern und Politikern wie ein
Mann die Ausflüchte Erzbergers niederhalten. Die Sache
wird nur noch immer grauenwoller, denn jetzt verstrickt Erz
berger sich auch noch mit seinem Eide, um noch die paar kargen
Tage vor der Offentlichkeit weiter Theater spielen zu können.
Einige andere Erzberger-Worte, so die Behauptung, daß
er in amtlichem Auftrage des Kanzlers 1917 nach Wien ge-
reist sei, kann man, wenn man milde sein will, als Flunkerei
bezeichnen. Immerhin steht es einem Staatsmann nicht an,
die Deutsche Nationalversammlung und das offiziöse Regie-
rungsorgan zu beflunkern. Das Kabinett hat im vorigen
Juli den Beschluß der Mehrheitsabgeordneten, Erzbergers
En#hüllerrede auf allgemeine Kosten zu verbreiten, herbei-
geführt und durchgeführt. Jetzt wissen wir, daß diese Rede,
deren Drucklegung in Millionen von Exemplaren das deutsche
Volk zu begahlen hatte, das Machwerk eines Lügners war.
Den schwersten Vorwurf, der Erzberger seit Fahr und
Dag entgegengeschleudert wird, daß er nämlich in Wien den
panikerregenden Czerninschen Bericht erhalten und verbreitet
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