Full text: Hindenburg, Erzberger, Kapp

Ein paar Offiziere sind vorausgeritten, haben früh- 
morgens auf dem Wilhelmsplatz Drahtverhaue, Kanonen. 
Reichswehrsoldaten getroffen. 
„Räumt den Kram weg, geht nach Hausel!“ 
„Zu Befehl, Herr Leutnant.“ 
Die Regierung hat kurz zuvor, um 5 AUhr morgens, 
Berlin in Autos verlassen. Erzberger, der als Minister seine 
Entlassung bereits bekommen hat, ist in das Kloster „Zum 
guten Hirten“ binter Tempelhof geflüchtet. Ohne Wider- 
stand nimmt die Brigade Besitz von dem Regierungsviertel. 
Gegen ½8 Uhr morgens defiliert sie auf dem Wilhelmsplatz 
vor ihrem Kommandeur. Die Beine fliegen im Parade- 
marsch, wie noch nie. Die Brandenburger-Tor-Wache, die 
anderthalb Jahre verödet stand, wird wieder bezogen. Man 
sieht überall Abteilungen in altpreußischer Straffheit mar- 
schieren, man hört überall die alten Weisen erklingen. In 
Ermangelung anderer flattern kleine Bootsflaggen von den 
Fahnenmasten nunmehr aller amtlichen Gebäude. Die 
öffentliche Meinung, die jeder wirklich energischen Leitung 
folgt, richtet sich sichtlich darauf ein, daß die Mißregierung 
der letzten Monate nur ein Traum war. 
AUnd alles schaut erwartungsvoll zum Reichskanzler- 
palais hin. 
Dort drinnen waltet Kapp, der Sohn des alten Acht- 
undvierzigers und späteren demokratischen Abgeordneten 
Kapp; dieser Sohn aber ist aus der Richtung des Hauses ge- 
raten, ist einer der Radikalsten auf der Rechten. Er gilt in 
Ostpreußen als der Mann der eisernen Nerven, der gegen 
Bethmann Hollweg „gesiegt“ habe, und ist jedenfalls ein 
Mann der eisernen Allüren. 
Die Denkschrift vom 20. Mai 1916, die der General-- 
landschaftsdirektor Dr. Wolfgang Kapp verfaßt und damals 
in 300 Abschriften persönlich dem Kanzler, den Ministern, 
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