Ich mag es kaum. glauben. Das wäre ja das Ende.
Dann bliebe nur noch blutige Gewalt, wozu sich kaum der
dafür geeignete Galliffet fände, oder die Auflösung in Hans-
wurstelei. Der Wunsch des Militärs, dessen Führung.
General v. Lüttwitz nunmehr als von Kapp ernannter
„Reichswehrminister“ an Stelle des geflüchteten Noske amt-
lich übernommen hat, zielt auf verfassungsmäßige Arbeit, auf
Stetigkeit und Ruhe nach Ausmerzung der Schönheitsfehler
im Kabinett, auf gemeinsame Rüstung wider den Bolsche-
wismus. Diesen Plänen ist das Genick umgedreht. Die
Dummheit wird zum Verbrechen.
Da man sonst nichts erfährt, ist der Wilhelmsplatz das
Stelldichein der Pressevertreter aller Parteien. Es gibt
unter ihnen Erstaunte, Verstörte, Belustigte, Empörte. Man
sieht sich die Leute, die in der Reichskanzlei aus- und ein-
gehen, von der Straße aus an: nicht um die Welt möchte
ich dabei sein. Leute aus der Mottenkiste, mit dem
Naphthalingeruch irgendeiner „Idee“, die sie mal in irgend-
einer Broschüre verfochten haben und nun an den Mann
bringen möchten. Leute mit unklarer Vergangenheit, aber
eindeutigem Hunger für die Zukunft, die als „Gegen-
revolutionsgewinnler“ ein Amtchen suchen. Leute von dem
Typus Ordonnanzoffizier, die ich schon im Felde immer
„gefressen“ hatte, weil sie, von rühmlichen Ausnahmen ab-
gesehen, nur für die gute Verdauung des Chefs und die
eigene Dekorierung besorgt waren. Leute von lohendem
Idealismus in „Eisernen Blättern“, voll innerlicher Zauber-
weisen, denen Tausende und aber Tausende deutscher Jüng-
linge so gern lauschen, aber von einer geradezu kindlichen
Naivität in der Technik der öffentlichen Meinung. Leute
auch vom alten System, wo es nicht gut war, wo es, ohne
Besseres zu wissen, nur schnarrte, daß „die janze Richtung“
ihm nicht passe. Leute schließlich von weltmännischer Art,
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