nichts erfährt. Noch ein paar Tage weiter, dann stehen hier
10 000 gut Bewaffnete der neuen Regierung, drüben 100 600
gut Bewaffnete der alten Regiemmg. Natürlich Zivilisten,
Arbeiter, aber gediente Leute. Oder es kommt noch anders:
200 000 Spartakisten. Beiß die Zähne zusammen. Euren
Kapitän Ehrhardt halte ich für einen famosen Kerl, wenn
ich ihn auch nicht persönlich tenne, und vielleicht ist er der
Klügste von der ganzen Gesellschaft. Aber die Sache ist ver-
loren. Pressechefs wimmeln hier genug herum. Ich denke
nicht daran, zu den Leuten zu gehen. Unser ganzes Unglück
ist die Drängelei von Nichtfachleuten, Journalisten und Par-
lamentariern, in die Regierung. Ich habe meinen Beruf
und wirke. Kritiker gehören nicht auf die Bühne.“
Ich kann es freilich nicht leugnen: Lust zum Eingreifen
bat man zwar durchaus nicht, aber aus Zorn möchte man doch
zupacken.
Als Zuschauer dieser Tragikomödie faßt man sich manch-
mal an den Kopf, wenn man bdie kindlichen Regierungs-
versuche miterlebt. Gestern hat der englische Geschäftsträger
einen jungen Mann in die Reichskanzlei geschickt, damit er
Erkundigungen über den Putsch einzöge, und daraufhin hat
die Reichskanzlei sofort verkünden lassen, daß die Entente mit
der Kapp-Regierung „offizielle Beziehungen“ aufgenommen
habe. In der heutigen Pressekonferenz erhebt der „Times“-
Korrespondent wütenden Einspruch gegen diese Darstellung
und dementiert sie in amtlichem englischen Auftrage.
Die Planlosigkeit der neuen Männer scheint übrigens
zuzunehmen. Planlos sind vor allem die Verhaftungen.
Gerade soll nebenan in der Voßstraße eine Angahl von
Redakteuren einer parteilosen Zeitungskorrespondeng ver-
hastet werden. Dem Verlagsdirektor von Allstein, Bern-
hard, hat man mit Erschießen gedroht, weil man augen-
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