einer neuen Gesellschaft nachzuprüfen. Die Sache war für
sie nicht zweifelhaft. Erzberger? Aber selbstver-
ständlich! Dem traut man noch ganz andere Dinge zu.
Ist er nicht Aufsichtsrat bei Thyssen gewesen? Hat er nicht
Syndikus des Viehhändlerverbandes werden wollen? Das
sind doch erwiesene und unbestrittene Tatsachen, um von
vielen anderen gar nicht erst zu reden. Ich sehe schon Leo
Leipziger in die Harfe greifen und höre die leichten Verse über
die Gründerversammlung der Fünf und halte mir im voraus
die Seiten vor Lachen. Aber das Lachen vergeht einem in
demselben Augenblick, in dem man früherer Zeiten gedenkt.
Ich glaube nicht, daß früher jemand die Dreistigkeit gehabt
hätte, den Finanzminister Dr. v. Miquel oder den Finanz-
minister Frhrn. v. Rheinbaben als Beirat irgendeiner
Ostropa vor einem Notar anzugeben. Tags darauf wäre er
verhaftet gewesen. Nur heute hält jedermann alles für
möglich.
Pnigodin.
3. Februar.
Nicht nur in den Reichsämtern sind Akten, die sich auf
den Fall Erzberger beziehen, plötzlich verschwunden. Nicht
nur aus Erzbergers Privatregistratur ist just der wichtigste
Brief in der Thyssen-Sache ins Ofenfeuer gewandert.
Sondern auch in Gesellschaften, denen Erzberger als Auf-
sichtsrat angehört hat, sind die Sitzungsprotokolle unauffind-
bar, wie heute die Pnigodin-Zeugen bekunden. Das alles
kann natürlich Bummelei oder Pech oder Zufall sein. Wenn
ein und derselbe „Zufall“ aber so häufig wird, wie in Straf-
prozessen die Berufung auf den bekannten „Lnbekannten“,
dann stutzt selbst das kindlichste Gemüt; und wir haben es mit
erfahrenen Richtern zu tun. Auffällig ist in, dem Erzberger-
Helfferich-Prozeß noch eine weitere Erscheinung: die ganz be-
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