Reichskriegswesen. 29
droht, „wenn der Kriegszustand vom Kaiser erklärt ist“,
legt es sich (sich selbst beschränkend, da ja nach Art. 2
N. Reichsrecht Landesrecht bricht) Wirkung nur für den
Reichsausnahmezustand bei. Die Auffassung, daß das
preußische - von 1851 damit auch (es ist, soweit
es rezipiert ist, sowohl Reichs= wie Landesrecht. Wie
aus der späteren Darstellung sich ergibt, haben jedoch
ua. Reichsrecht eine Reihe von Bestimmungen
Modifikationen erfahren) Zzum Reichsrecht erhoben wurde,
ist die herrschende; a. A. Arndt, Die Verfassungs-
urkunde für den preußischen Staat, 5. Aufl. 1904, S. 356.
Nur wird meist übersehen, daß es nicht in toto, sondern
nur in dem in Art. 68 RV. umschriebenen Umfang auch
Bestandteil des RV. geworden ist. Richtig in letzterer
Hinsicht Haldy S. 12, Seydel S. 379.
IX. Was die Form der Erklärung des Belagerungs-
zustandes anlangt, so ist in Gemäßheit des Art. 68 RV.
die Vorschrift des § 3 des preußischen Gesetzes maßgebend
(l. unten). Das genügt jedoch nicht. Vielmehr bedarf
die kaiserliche Anordnung
1. der Gegenzeichnung des Reichskanzlers gemäß
Art. 17 RV. sowie
2. der Verkündung im Reichsgesetzblatt (Verordnung
vom 26. Juli 1867; BGl. S. 24 § 1, a. A.
Olshausen, Goltd. Arch. 1914, S. 499, wie
hier Anschütz, DSt3. S. 453).
Das Erfordernis der Gegenzeichnung wird von
manchen bestritten, insbesondere von Giese S. 114,
Haldy S. 19 Anm. 1, 36, Zorn I S. 198, von ihrem
Standpunkt aus konsequent, da es sich um Ausfluß des
kaiserlichen Oberbefehls handle, dafür aber die communis
opinio, vgl. z. B. Anschütz, DSt R3. S. 453, Brüß
S. 39, Brockhaus S. 72, Fleischmann S. 398,
Göz S. 32, Hänel S. 443, Fischer S. 113, Ols-
ausen, Goltd. Arch. 1914, S. 495, Thudschum
259, Wilußet S. 73. Im Einklang mit der hier vor-
getragenen Auffassung von der Notwendigkeit der Kontra-
signatur steht das Verfahren bei Verhängung des Kriegs-
zustandes im Jahre 1870 bzw. 1914. Wie die Verordnung
vom 21. Juli 1870 (BEl. S. 503) die Kontrasignatur