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das kleine Gartenpalais in der Ostraallee, das einst sein
Großvater Prinz Max inne gehabt hatte.
Für seine militärische Stellung brachte der Thronwechsel
dem Kronprinzen keine Anderung. Er fuhr fort, die Aus-
bildung der ihm anvertrauten Infanterie mit Gewissen-
haftigkeit und Aufmerksamkeit zu leiten und durch größere
Ubungen zu fördern. Erwähnt sei hier die Zusammenziehung
sämtlicher Truppen im Herbste 1857 auf Befehl des Königs
in der Nähe von Dresden bei dem aus dem zweiten
schlesischen Kriege bekannten Kesselsdorf. Hier erschien der
Kaiser Franz Josef zum Besuche, mit dessen Bruder Karl
Ludwig sich im Herbste 1856 eine Schwester des Kronprinzen,
die Prinzessin Margarethe, verheiratet hatte; unmittelbar
darauf war auch eine zweite Schwester, die Prinzessin Anna,
mit einem Sprossen des Habsburgischen Hauses, mit dem
Erbgroßherzog Ferdinand von Toskana, vermählt worden.
An den erwähnten Herbstübungen sollte auch Prinz Wilhelm
von Preußen, der nachmalige König, teilnehmen. Er wurde
aber durch eine Reise nach Baden daran verhindert, wohin
ihn König Friedrich Wilhelm IV. zu einer Begegnung mit
dem Kaiser Napoleon III. sandte. Er schrieb von Frankfurt
aus am 24. September 1857 die merkwürdigen Worte:
„So interessant mir diese Sendung natürlich auch ist, so
beraubt sie mich eines anderen interessanten Schauspiels,
das ich vor allem gern gesehen hätte, nämlich den Ausbildungs-
grad Deiner Armee kennen zu lernen, die, wer weiß,
nach welcher Front dereinst gebraucht werden
wird.“ — Nach Beendigung der Manöver und nachdem er
am 3. Oktober der Feier des Tages in Potsdam mit bei-
gewohnt hatte, an dem Friedrich Wilhelm IV. vor 50 Jahren
in das 1. Garderegiment zu Fuß eingetreten war, wurde
Kronprinz Albert zum General der Infanterie am 15. Oktör.
1857 ernannt. .
Aber auch an der bürgerlichen Verwaltung Sachsens
nahm Kronprinz Albert teil. Er trat als Präsident an die
Spitze des durch König Johann unterm 29. Mai 1855
umgestalteten Staatsrates, der außer ihm aus den vom
König für den Beisitz bestimmten volljährigen Prinzen, den
Ministern und einigen andern vom König zu ernennenden