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Nähe. Der Kronprinz befand sich nachmittags gegen 4 Uhr
beim König Johann, der es sich nicht hatte nehmen lassen,
trotz seiner vorgerückten Jahre, an so wichtigem Tage in der
Nähe seiner Truppen zu sein, und in dem 2 Kilometer
westlich von Gitschin gelegenen Dorfe Wokschitz Abstieg ge-
nommen hatte; da zeigte Kanonendonner von Norden her
den Beginn des Kampfes an. Sofort begab sich der Kron-
prinz nach dem Schlachtfelde, wohin er auch die zu Wokschitz
liegenden Truppen dirigierte. Der preußische Angriff richtete
sich zunächst gegen die im Norden der Stadt Gitschin von
Prachow bis Eisenstadtel aufgestellten Osterreicher. Den
Schlüssel der Stellung bildete die Ortschaft Diletz. Hier vor
allem kamen die sächsischen Truppen in harten Kampf mit
den Preußen. Es war aber, trotz des Vordringens des
Feindes wohl Aussicht, diese Stellung halten zu können bis
zum Tagesschluß, und unterdessen mußte doch endlich das
angekündigte III. österreichische Armeekorps herangekommen
sein; am nächsten Tage war dann die Lage mit dem Anmarsche
der übrigen Nordarmee von Miletin her voraussichtlich eine
ganz andere. Da trifft abends ¼8 Uhr beim Kronprinzen
ein vom Feldzeugmeister Benedek aus Josephstadt abgeschickter
Ordonanzoffizier ein mit folgender Depesche: „Ich sehe mich
genötigt, meine Bewegung gegen die Iser heute zu sistieren;
die Armee wird im Laufe des heutigen Tages die in der
Beilage ersichtliche Aufstellung nehmen. Ew. Königliche
Hoheit wolle Ihre zur Vereinigung mit dem Gros der
Armee begonnene Bewegung darnach einrichten und fortsetzen,
bis die Vereinigung erfolgt ist, jedoch größeren Gefechten
ausweichen.“ — Diese Depesche, wenn man dieses Wort
unter solchen Umständen überhaupt anwenden darf, war ab-
gefaßt, ehe Benedek von den siegreichen Gefechten des zur
schlessschen Armee des Kronprinzen von Preußen gehörigen
Generals von Steinmetz bei Nachod (27. Juni) und Skalitz
(28. Juni) Kenntnis haben konnte, wozu dann am 29. das
ebenfalls für die Preußen günstige Gefecht bei Schwein-
schädel kam. Hierdurch wurde Benedek bei Josephstadt fest-
gehalten, hierdurch der so merkwürdig pünktlich überlieferte
Befehl vom 27. aufgehoben. Aber noch mehr: diese zweite
„Depesche“ war nach der österreichischen offiziellen Dar-