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Havel und Elbe sitzender, übrigens noch heidnischer Slavenstamm, der
Karl im Kampfe gegen den rechtsseitig der Elbe angesiedelten Sachsen-
stamm der Nordalbinger mit Erfolg unterstützt hatte, einen Teil diescs
Gebietes angewiesen. Man sieht, daß Karl dabei nach dem alten
Römerspruche zu verfahren wußte: „Teile und herrsche!“ Die Abo-
driten spielte er gegen die immer wieder aufständischen Sachsen aus
und gewann sie durch Gebietsschenkungen, während er weiter nach
Süden zu den Vernichtungskrieg gegen die Sorbenwenden wenigstens
vorbereitete. Denn noch beschränkten sich seine Maßregeln wesentlich
auf Verteidigung, wie auch die Anlegung der thüringischen Mark als
nur zu diesem Zwecke erfolgt anzusehen ist. Sie schloß sich süd-
wärts an die böhmische Mark an, die dem heutigen Nordostwinkel
Bayerns, also der Oberpfalz und Oberfranken bis zur Regnitz, ent-
sprach, und erstreckte sich vom Fichtelgebirge abwärts längs der Saale
und dann entlang der Elbe bis etwa zum Einflusse der Havel in
diesen Fluß. Die durch diese Linie bezeichnete Grenze heißt in den
alten Chroniken der mes Sorabicus, die Sorbengrenze, und wurde
durch die schon früher erwähnten Burgen geschützt. Eine nicht ge-
ringe Störung kam in diese kaum gesicherten Verhältnisse, als im
Jahre 808 der Dänenkönig Gottfried im Eitverständnis
mit dem den Abodriten feindlich gesinnten Slavenstamme der Wilzen
oder Wilzener, auch Liutizen genannt, die ihre Wohnsitze vom
Mittellauf der Havel bis zur Oder und zur Ostsee ausdehnten,
sowohl in das Gebiet der Abodriten, als in das diesseitig der
Elbe liegende Sachsen und Friesland verheerend einbrach. Thrasco,
den einen der Abodritenfürsten, vertrieb er, einen andern, Gode-
laib, ließ er kurzer Hand am Galgen aufhängen, Verwüstung,
Mord und Brand kennzeichneten seine Spuren. Es war unbedingt
notwendig für Karls Ansehen bei den Slaven, daß er diesen Einfall
rächte. Dies gelang 810, nachdem alsbald Karl seinen gleichnamigen
Sohn gegen Gottfried geschickt hatte; es gelang um so eher, als Gott-
fried ermordet wurde und sein Nachfolger sich erst mal zu Hause sicher
fühlen mußte, ehe er etwas nach außen hin unternehmen konnte. So war
nach Osten zu des Reiches Grenze, wie es allen Anschein hatte, ebenso
gut gesichert wie nach Südwesten, Süden und Südosten, als der große
Kaiser am 28. Januar 814 zu Nachen im 71. Lebensjahre die Augen schloß.