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entzogenen Güter! — Dies Stück geistlichen Wahnglaubens kann uns
bei dem Gesamtstande der damaligen Bildung nicht wunder nehmen.
Stak allenthalben im deutschen Volke noch, wie bis auf den heutigen
Tag, ein gutes Stück heidnischen (Glaubens, so war auch die im all-
gemeinen ung it nichts anderem geistig genährt
worden, als mit einer Unzahl von wunderstrotzenden Legenden. Jeder-
mann brachte für das Wunderbare volle Gläubigkeit mit; ja, man
war geneigt, auch im Gewöhnlichsten Bedeutsames zu erblicken, man
enthielt sich jedes Zweifels und überbot sich im Nacherzählen und
Steigern wunderbarer Erscheinungen. Daher sind, wie anderswo
auch, die Annalen und Chroniken der thüringischen und meißnischen
Lande in diesen und noch viel späteren Zeiten voll von unglaublichen
Naturerscheinungen, als Blut-, Stein-, Fleischregen, furchtdaren Zeichen
am Himmel, schreckliche Ereignisse vorbedeutenden Mißgeburten, sonder-
baren Stimmen und Getösen u. s. w. Eine typische Nachricht liegt
zum Jahre 1249 aus Erfurt vor, typisch deswegen, weil ähnliches
bald hier, bald dort, bald mit dieser, bald mit jener mehr oder minder
thörichten Ausschmückung erzählt wird. Am Abende vor Mariä Ver-
kündigung (25. März) drangen zwei Kerle in die Kirche des heiligen
Martin in genannter Stadt ein, erbrachen das Tabernakel und nahmen
daraus das Ciborium (den Hostienbehälter), worin neun konsekrierte Hostien
lagen, und entfernten sich damit. Wie sie auf den Roßmarkt kamen,
schütteten sie die Hostien in eine Pfütze, den wertvollen Behälter aber
nahmen sie mit sich fort nach Eisenach, um ihn dort bei einem Juden
zu versetzen. Nach einiger Zeit wurde der eine der Diebsgesellen
krank und kam zum Sterben. Auf dem Sterbebette beichtete er dem
in letzter Stunde herbeigerufenen Priester jene Missethat, auch was
er und sein Genosse mit den Hostien gemacht hätten. Da der Mann
im Todeskampfe lag, so absolvierte ihn der Priester, so schwer auch
sein Verbrechen war; dann aber begab er sich stracks nach Erfurt, um
dort die Sache anzuzeigen. Nun hatte dort schon vorher ein am
Roßmarkte wohnender Geistlicher zuweilen über der Pfütze, in die die
Hostien geworfen worden waren, Lichtlein schweben gesehen. Dies und
der Bericht des Eisenacher Geistlichen veranlaßten den damals gerade
in Erfurt aufhältlichen Erzbischof Christian II. von Mainz, sich mit
der ganzen Klerisei nach dem angegebenen Orte aufzumachen: richtig.