Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 1. Abteilung. Von den Anfängen bis zum Tode Friedrichs des Strengen (1381). (1)

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lustig und verhängte auch über alle seine Anhänger den Bann. Es war 
eine Wiederaufnahme des Kampfes, wie ihn Gregor VII und die 
Innocenze gegen das deutsche Königtum geführt hatten; nur hatten 
sich die Zeitanschauungen gewaltig geändert und Johann XXII. war 
weder nach Beanlagung noch nach Charakter ein Gregor VII. oder 
Innocenz IV. Leider war auch Ludwig der Bayer in dieser Hinsicht nicht 
der Erbe seiner großen Vorgänger an der deutschen Krone, sondern ver- 
leugnete in seiner jetzigen Stellung nicht seine angeborene oberbayerische 
Bigotterie, die ihn den päpstlichen Bann, so frivol er ausgesprochen 
war und so leicht man dessen Ursachen durchschauen konnte, doch als 
etwas Furchtbares erscheinen ließ und ihn immer wicher veranlaßte, 
den seit der Entziehung der brandenburgischen Kurwürde insgeheim 
ihm feindseligen König Johann von Böhmen um Vermittelung bei 
der Kurie anzugehen; denn dieser war dem französischen König ver- 
wandt und galt etwas bei ihm, also auch bei dem Papste, benutzte 
das aber nur, um den kurzsichtigen Ludwig am Narrenseile zu führen. 
Sonst hätte dieser in dem Streite mit dem Papste unbedingt zum 
Siege kommen müssen. Zwei mächtige Verbündete hatte er in diesem 
Kampfe. Erstens standen die Minoriten zu ihm, die Franziskaner, 
die um dieselbe Zeit in einen erbitterten Streit mit dem Papste über 
die unbedingte geistliche Urmut geraten waren, die jener verwarf, diese 
als Dogma aufstellten. Bei der ungeheuren Beliebtheit, die die 
Predigermönche bei dem Volke genossen, und da aus ihrer Mitte 
ebenso geistvolle wie unerschrockene Bekämpfer des Papsttumes hervor- 
singen, wie Marsilius von Padua, der Leibarzt Ludwigs, der Franzose 
Jean de Jandun, der Engländer Walter Occam, die alle dem Könige 
ihre gewandten Federn zur Verfügung stellten, so war diese Bundes- 
genossenschaft äußerst wertvoll, wenn sie nur der immer wieder mit 
Avignon liebäugelnde König in ihrem vollen Umfange und konsequent 
auszunutzen gewagt hätte. 
Im Zusammenhange mit dieser geistigen Bewegung trat die 
andere helfende Kraft auf den Plan, ein deutsches Nationalbewußtsein 
gegenüber den Übergriffen des römischen oder vielmehr frunzösischen 
Papstes, wie es frühere Zeiten gar nicht gekannt hatten, genährt vor 
allem durch die feurigen und aufreizenden Predigten der Minoriten, 
namentlich in den Städten. Diese gewaltige nationale Beweging riß
	        
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