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erschienen. Aber auch der minderen Gäste, die sich bei solcher Gelegen-
heit einzufinden pflegen, wurde nach Sitte der Zeit reichlich gedacht.
Hunderte von Armen wurden zu Ehren des Verstorbenen gespeist.
Dies prunkliebende Zeitalter konnte sich namentlich bei solchen Ver-
anlassungen selten Genüge thun. Nicht ein Katafalk reichte aus,
sondern der eine stand im Chor der Domkirche, der andere in der
Kapelle über der Gruft des Fürsten. Ersterer war verschwenderisch
mit Sammet und golddurchwirkten Stoffen ausgeschlagen und 114
Kerzen brannten darum, jede mit einem Wappenschildchen versehen.
Für unsern Geschmack etwas früh, begann der Gottesdienst schon um
4 Uhr morgens mit einer vom Bischof von Merseburg gelesenen Messe.
Dann begab sich die Trauerversammlung nach der Afrakirche, wo der
Bischof von Naumburg predigte und das Amt abhielt. Dann ging
es wieder in den Dom zurück, wohin zehn Ritter eine Bahre trugen
und sämtliche Hofämter folgten. Sogar dreizehn Rosse mit schwarzen
Decken und Wappenverzierungen, das Roß neben der Hauptfahne
geharnischt, wurden im Zuge mitgeführt und in der Kirche mit
untergebracht. An 36 Altären wurden Gebete gesprochen, dann
celebrierte der Bischof von Meißen, während die Träger der zwölf
Landesfahnen, des großen Schildes, des Siegels und der anderen
fürstlichen Abzeichen sich um die Bahre gruppierten. Als nach dem
Hochamte das alte Sterbelied erklang Media vita in morte sumus
(Mitten wir im Leben sind vom Tod umfangen), warf bei dem Saucte
Deus der Marschall seinen Stab, zerschlug der Kanzler das Siegel
und fielen sechs von den zwölf Fahnen; bei dem Sancte fortis fielen
die sechs anderen Fahnen und bei dem „et immortalis“ stürzten die
Grafen von Stolberg und Hohenstein den großen Schild mit den
Wappen aller sächsischen Lande um und Graf Sigmund von Gleichen
warf die Hauptfahne darauf. Damit hatte die Feierlichkeit ein Ende.
Der Stammvater des heutigen sächsischen Königshauses wurde in die
stille Gruft gesenkt, um auszuruhen von einem durch reiches Wollen
und durch reiches Thun ausgezeichneten Leben. Unvergessen wird
ihm bleiben, was auch die Inschrift auf der ehernen Platte seines
Grabes rühmt, daß er im Dienste des heiligen Reiches gestorben sei.
Denn eben sein letzter Kampf war, wie sein ganzes vorheriges Leben, richt
mehr dem eigenen Vorteile, sondern dem des Reichsoberhauptes gewidmet.