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ich wüßte, daß mich Ew. Kurfürstlichen Gnaden schützen könnte und
wollte, so wollte ich nicht kommen; dieser Sache kann kein Schwert
raten oder helfen, Gott muß hier allein schaffen, ohne alles mensch-
liche Zuthun. Darum, wer am meisten glaubt, der wird hier am
meisten schützen!"! — — —
Am 7. März kam Luther in Wittenberg an und predigte gegen
die Zwickauer acht Tage lang hintereinander jeden Tag, warf ihnen vor,
daß sie in so wichtiger Sache ihn nicht gefragt hätten, betonte vor allem
die Gewissensfreiheit, der sie in ihrem fanatischen Wesen Abbruch gethan
hätten. „Summa Summarum! Predigen will ichs, sagen will ichs,
schreiben will ichs; aber zwingen, dringen mit Gewalt will ich niemand,
denn der Glaube will willig, ungenötigt angezogen werden.“ Und in
diesem Sinne hielt man es nun in Wittenberg; es wurde das Abend-
mahl in alter Gestalt und auch in beiderlei Form erteilt, und während
in der Pfarrkirche die Messe abgeschafft wurde, verblieben die Kanoniker
an der Schloßkirche beim alten Kultus, ein Zustand freilich, der auf
die Dauer unhaltbar war. Karlstadt aber verließ Wittenberg, um an
anderem Orte, wie auch alsbald Münzer, als Apostel des Aufruhrs
aufzutreten.
Das Reichsregiment zu Nürnberg, wennschon es sich zu dem
erwähnten Edikt gegen die Neuerungen verstanden hatte, that doch
nichts, um das wormser Edikt gegen Luther zur Durchführung zu
bringen. Es war geneigt, dem Edikt überhaupt wegen seiner Ent-
stehungsweise die Gültigkeit abzusprechen, und in diesem Sinne sprach
sich namentlich der kursächsische Vertreter aus. Gleichzeitig trat auf
dem päpstlichen Stuhl ein Wechsel ein, der der Sache Luthers ent-
schieden förderlich ward. An Stelle Leos X und seines ebenso lieder=
lichen wie gewissenlosen Regiments trat das Papsttum des ernsten und
sittenstrengen Hadrian VI., der Lehrer Kaiser Karls V. gewesen war,
ein Holländer von Geburt, der letzte Germane, der auf dem pöpstlichen
Stuhle gesessen hat (vom 9. Jannar 1522 bis 14. September 1523)
Mit mönchischer Strenge suchte er die römische Kirche zu reformieren,
selbst ein Vorbild einfachsten, ja asketischen Lebens; natürlich truf er
überall auf erbitterten Widerstand. Seinen Legaten aber zu dem im
November 1522 eröffneten Reichstag zu Nürnberg trug er auf, in
offener Weise die Schüden der Kirche einzugestehen, aber ihre Besserung