Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

— 1184 — 
wieder aufgerichteten und erneuten Evangeliums, und mit seinen letzten 
Atemzügen seiner Kirche und ihrer Gegner gedenkend. Ein unermeß- 
liches Trauergeleite folgte dem Sarge, der nach Wittenberg überführt 
und dort in der Schloßkirche beigesetzt wurde. Man empfand nun erst, 
was man an dem gewaltigen und treuen Manne besessen hatte und 
ahnte, daß eine neue Zeit voller Kämpfe und Drangsale, nachdem sich 
diese Grust geschlossen, hereinbrechen würde. 
Und schon war das Unheil im Anzuge. Am 13. Dezember 1545 
war das Konzil von Trient eröffnet worden, das zu beschicken die 
Protestanten sich geweigert hatten. Paul III. ließ nicht ab, den Kaiser 
zum bewaffneten Einschreiten gegen die Protestanten zu mahnen, Karl V, 
noch immer geneigt, durch Verhandeln den letzten Schritt hinauszu- 
schieben, veranstaltete am 27. Januar 1546 noch ein Religionsgespräch 
zu Regensburg und sandte nach Sachsen beruhigende Schreiben. Mit 
Franz I. nun endlich einig, hatte er sich auch nach dem Osten zu den 
Rücken durch einen im November 1545 geschlossenen Waffenstillstand 
gesichert. Mit Franz von Frankreich und Heinrich von England stand 
er sich augenblicklich so gut, daß die Bündnisbemühungen der Schmal- 
kalder mit überlegenem Lächeln aufgenommen wurden. Der welt- 
historische Moment, in dem es möglich gewesen wäre, die Macht des 
Hauses Habsburg zu zerschlagen, war ungenutzt vorüber gegangen, und 
dieselben Herrscher, die noch vor kurzem dazu die Hand geboten hatten, 
wußten jetzt nichts besseres, als sich in jeder Beziehung mit dem 
mächtig gewordenen Nachbar zu verständigen. 
Noch glaubte der Kaiser, durch Gewinnung Philipps von Hessen 
mit billigeren Mitteln zum Ziele zu kommen. In Speier, auf dem 
Wege nach Regensburg begriffen, hatte er eine Zusammenkunft mit 
ihm, die jedoch zu keinem Ergebnisse führte. Der Landgraf ließ sich 
nicht wieder mit den früheren Schlingen fangen; er wollte weder von 
der Beschickung des Reichstages noch von der der Konzils irgend etwas 
wissen. Eine dreimalige Aufforderung lehnte er dreimal ab. Ebensowenig 
ließ sich Johann Friedrich bereit finden, den Reichstag zu besuchen. Bei 
der inneren lberzeugung von der Nutzlosigkeit des Religionsgesprächs 
ließen der Kaiser wie der Kurfürst die Sache stillschweigend auf sich 
beruhen. Auf solchem Wege war, das sah nun auch der Blödeste ein, 
nichts mehr zu erreichen; nur Zeit wurde gewonnen, und deren bedurfte
	        
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