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Johann Georg Kenntnis gab mit der ausgesprochenen Hoffnung,
daß er dadurch nicht „disgustieret“ sein werde.
Das war nun allerdings sehr der Fall. Zunächst glaubte
Johann Georg noch, Friedrich werde nicht annehmen. Friedrich
aber, dessen Agenten gerade jenem Wahlresultate vorgearbeitet
hatten, nahm an und hielt am Reformationstage 1619 seinen
Einzug in Prag. Somit war man in Dresden aufs tiefste ver-
stimmt, und dieses Gefühl verschärfte sich noch, als man von
den törichten calvinistischen Bestrebungen des pfälzischen Hof-
predigers Scultetus in dem kaum gewonnenen Lande vernahm.
Wie man empfand, erhellt aus einem Briefe des Oberhofpredigers
Hos von Hoënegg an den Grafen Schlick, wo es u. a. heißt:
„O wie Schade um so viele edle Länder, daß sie alle dem Cal-
vinismo sollen in den Rachen gestecket werden! Vom occiden-
talischem Antichrist sich losreißen und den orientalischen dafür
zu bekommen, ist in Wahrheit ein schlechter Vorteil!“ Zur Aus-
nutzung dieser Stimmung stellten sich im Dezember 1619 in
Dresden der Reichshofrat Hier, von Elvern und der keiserliche
Kämmerer Herzog Julius Heinrich von Lauenburg ein; sie
sollten den Kurfürsten um Hilfe gegen die Böhmen angehen
und ihm für seine hierin etwa zu erzeigende Freundlichkeit einen
„Recompens“ in Aussicht stellen, wobei wir wohl wieder an die
Oberlausitz denken dürfen. Ende Dezember 1619 erschien auch
der Landgraf Ludwig von Hessen-Darmstadt in Dresden. Er
brachte die Nachricht, daß die Liga bereit sei, Ferdinand Böhmen
zurückerobern zu helfen, und drang in den Kurfürsten, sich an
dieser Aktion zu beteiligen. Mit Recht aber betonte der klügere
Teil der kurfürstlichen Räte, daß man als Vorbedingung hierfür
von den katholischen Ständen ein bindendes und verbrieftes Ver-
sprechen verlangen müsse, den erlangten Sieg nicht zur Rekatholi-
sierung des eingezogenen Kirchengutes ausnutzen zu wollen. Solche
Bedenken waren im September des Jahres 1619 durch eine Ge-
sandtschaft des Magdeburger Administrators dem Kurfürsten vor-
getragen worden; aber Kaspar von Schönberg hatte da einen Lobes-
hymnus auf die wohlwollende Gesinnung Ferdinands angestimmt,
die Furcht vor den habsburgischen Plänen gegen den Protestantis-